旭川 Asahikawa
Name:
旭川 – 旭 bedeutet Morgensonne; 川 ist der Fluss. Sehr viele Ortsnamen auf Hokkaido entstammen der Ainu-Sprache (einschliesslich Sapporo) – Asahikawa ist jedoch ein japanischer Name. Allerdings hat der dennoch einen Ainu-Hintergrund: Der Fluss, der durch das Stadtgebiet fliesst, wurde von den Ainu “Ciwpet” genannt, was von japanischen Siedlern falsch übersetzt wurde als “Fluss, an dem die Sonne aufgeht”, was dann direkt ins Japanische übertragen wurde. Die eigentliche Bedeutung ist wahrscheinlich anders (eine These sagt “Fluss der Wellen”, eine andere “Herbstfluss”).
Lage:
Asahikawa liegt beinahe in der Mitte von Hokkaido – die Stadt liegt rund 65 km landeinwärts und 120 km Luftlinie nordöstlich von der Präfekturhauptstadt Sapporo. Die Stadt liegt im Norden eines lang gestreckten Tals am Zusammenfluss des Chubetsu-, Biei- und Ishikari-Flusses.
Ansehen:
Der Asahiyama-Zoo. Der Park hinter dem Bahnhof. Das Heimatmuseum. Das Textilmuseum. Ansonsten: Die Gegend östlich von Asahikawa.
Asahikawa – Beschreibung
Asahikawa im Herzen der Präfektur ist die zweitgrößte Stadt der Insel – weit abgeschlagen hinter dem alles dominierenden Sapporo. Während sich dort fast zwei Millionen Menschen tümmeln, leben hier rund 330’000 Einwohner – Tendenz abnehmend seit Mitte der 1980er, als hier noch rund 360’000 Menschen lebten. Damit teilt die Stadt das Schicksal vieler Provinzstädte, aber der Einwohnerschwund ist hier nicht ganz so extrem. Für japanische Verhältnisse extrem ist allerdings das Wetter – in vier Monaten im Jahr liegt die Durchschnittstemperatur unter dem Gefrierpunkt, und selbst im Hochsommer liegen die Höchsttemperaturen normalerweise bei sehr angenehmen 25 Grad. Die Winter sind in der Regel sehr schneereich – in der kalten Jahreszeit fallen im Schnitt insgesamt über 7 m Schnee. Die tiefste je in Asahikawa gemessene Temperatur betrug enorme -41 Grad.
Dafür bleibt die Stadt und die Umgebung von der Regenzeit und verheerenden Taifunen verschont. Und nicht nur das: Größere und potentiell gefährliche Vulkane sind weit genug entfernt, Tsunamis kann es hier nicht geben, Atomkraftwerke gibt es auch nicht und keine verheerenden Sturzregen. Auch in Sachen Erdbeben ist die Stadt etwas weniger gefährdet als viele andere Gegenden in Japan. Asahikawa ist also ein – für japanische Verhältnisse – relativ sicherlich Pflaster.
Asahikawa ist wie die meisten Städte in Hokkaido ziemlich neu. Zwar ist die Gegend schon seit Jahrtausenden besiedelt, doch hier siedelten lange Zeit die Ureinwohner der Insel, die Ainu. Wohl in der Mitte der Edo-Zeit, also im 18. Jahrhundert, kam es wahrscheinlich bei der heutigen Stadt zu ersten Kontakten zwischen Japanern und Ainu, woraus erste Handelsbeziehungen entstanden. Mit dem Beginn der Meiji-zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann die planmäßige Besiedlung von Hokkaido, das bis dahin noch Yezo genannt wurde. 1877 liess sich der erste Japaner im heutigen Stadtgebiet nieder. Mehr als zehn Jahre später entstanden erste Dörfer, und 1898 wurde die Gegend an das Eisenbahnnetz angeschlossen, woraufhin die Bevölkerungszahl stetig zunahm. Wenig später wurde der Ort Garnisonsstandort und erhielt schliesslich 1922 das Stadtrecht. Heute versucht man mit geschicktem Stadtmarketing, Asahikawa in eine “internationale Stadt der Konferenzen und des Fremdenverkehrs” zu verwandeln – durchaus mit Erfolg, denn man zählt bis zu 5 Millionen Besucher pro Jahr.
Wie in sehr vielen anderen Städten auf Hokkaido auch, orientierte man sich beim Stadtbau am amerikanischen Township-System, dem von New York. Daraus entstand das 〇〇条〇〇丁目-System (-jō -chōme). Jō kennzeichnet dabei meistens die Nummer der Strasse von Süd nach Nord, -chōme hingegen die von Ost nach West. Eine typische Adresse in Asahikawa sieht deshalb so aus: Asahikawa-shi 1-jō dōri 16-chōme Migi 7-gō, was sich übersetzen lässt als 1. Südstrasse 16. Oststrasse Rechts, Nummer 7. Ein paar Blöcke weiter nordöstlich wird daraus entsprechend eine Adresse wie 7. Südstrasse 21. Oststrasse, sprich wie im Amerikanischen 7 South 21 East Street. Wenn man den Ort also ein kleines bisschen kennt, kann man sich anhand der Adresse sofort vorstellen, wo diese ungefähr liegt, und auch beim laufen oder fahren ist die Durchnummerierung natürlich sehr hilfreich.
Dieses Adressensystem gilt allerdings nur für die Innenstadt – in den Außenbezirken gibt es wie in anderen japanischen Städten auch Stadtviertelnamen und die übliche, unlogische Blocknummerierung.
Das kleine Stadtzentrum beginnt am Hauptbahnhof der Stadt. Hinter dem Bahnhof fliesst der Chubetsu-Fluss, und entlang des Flusses gibt es auch einen schönen Park, den あさひかわ北彩都ガーデン Asahikawa Kita-Saito-Garten. Am Bahnhofsvorplatz steht ein sehr grosses Einkaufszentrum – die Aeon-Mall, und am Bahnhofsvorplatz beginnt die Flaniermeile der Stadt, genannt 平和通買物公園 (Heiwadōri Kaimono Kōen) – “Einkaufspark Friedensstrasse”. Hinter der Aoen Mall verläuft die 昭和通 Shōwa-Strasse, die parallel zur Einkaufsstrasse verläuft. Entlang dieser Strasse spielt sich ein Großteil des Nachtlebens ab. Das Viertel mit den meisten Bars, Restaurants, Snacks, Host Clubs und dergleichen wird kurz 3・6街 sanroku-gai genannt. Alle Strassen in diesem Gebiet sind kerzengerade und folgen dem obigen Adressschema.
旭山動物園 Asahiyama-Zoo
Genau 10 Kilometer östlich des Stadtzentrums und an einem kleineren Berg befindet sich der Asahiyama-Zoo. Ja, Asahiyama (yama=Berg), nicht Asahikawa (kawa=Fluss). Zoologische Gärten gibt es viele in Japan – einige davon sind furchtbar (zum Beispiel der berühmte Ueno-Zoo in Tokyo), andere wiederum ziemlich gut (Tama-Zoo, ebenfalls Tokyo). Landesweit bekannt ist allerdings der Asahiyama-Zoo, der nördlichste Zoo Japans, gegründet vor über 50 Jahren, und zwar 1967. Dieser Zoo, obwohl weit abgelegen, hat über 3 Millionen Besucher pro Jahr und liegt damit auf Platz 2 (manchmal Platz 3) in Japan. Die Beliebtheit verdankt man den Medien, in denen gern über den Asahiyama-Zoo berichtet wird.
Ein Grund für die Beliebtheit liegt im besonderen Konzept, das hier seit 1997 implementiert wurde. In vielen zoologischen Gärten in der Welt legt man Wert auf die Form, also auf die Herausstellung der besonderen Merkmale der jeweiligen Tiere. In Asahikawa legt man hingegen weniger Wert auf die Präsentation als auf das Verhalten der Tiere. Dazu wurden besondere Anlagen gebaut – zum Beispiel das “Totori-no-Mura”, eine riesengrosse, frei begehbare Vogelvoliere, das Pinguinhaus, bei dem man quasi durch das Wasser, in dem die Tiere schwimmen läuft, oder das Robbenhaus, in dem Robben durch eine riesige Plexiglasröhre hin und her tauchen können. Nahezu alle Anlagen sind einzigartig in ihrer Form und Funktionalität, und fast alle Schilder, die man vor den Gehegen sieht, sind handgeschrieben – und sehr informativ, da man hier wirklich interessante Sachen beschreibt.
Auch im Affenhaus ist man quasi mittendrin – bei den Schimpansen läuft man quasi durch ein riesiges Gehege und kann so den Tieren aus nächster Nähe zusehen, wie sie leben und wie sie sich bewegen. Im Gehege der Japanischen Rotmakakenrotte ragt mitten im Gang ein Plexiglaskasten in die Galerie – oft tummeln sich zwei, drei Affen in diesem Kasten, so dass man sie auch, nur durch ein paar Millimeter Plexiglas getrennt, beobachten kann. Und von den Affen entsprechend beobachtet wird, was genauso unterhaltsam ist. Zum Konzept des Zoos gehört dabei dazu, dass nicht nur die Zuckerseite gezeigt wird. Auch Verletzungen sieht man gelegentlich, und wenn ein Tier gestorben ist, informieren Tafeln genau darüber.
Bei einigen Begegnungen in diesem Zoo fragt man sich als Besucher zahlreicher Zoos auf der Welt, wie man das geschafft hat, was man hier geschafft hat. Giraffen zum Beispiel sind normalerweise ziemlich scheu und halten Abstand. Im Zoo von Asahiyama kann es jedoch passieren, dass eine Giraffe mit ihrem Kopf auf wenige Zentimeter an den Besucher herankommt, um Blätter von einem Baum zu zupfen (siehe Foto unten).
Der Eintritt in den Zoo kostet 1’000 Yen, Kinder bis 12 Jahre zahlen nichts. Ein Jahresticket kostet gerade mal 1,400 yen – eine sehr vernünftige Preispolitik, die erklärt, warum der Zoo bei den Stadtbewohnern so beliebt ist.
旭川郷土博物館 Asahikawa-Heimatmuseum
In Asahikawa mangelt es nicht an Museen und Galerien und anderen kulturell interessanten Städten. Zu den Museen gehört unter anderem das Schneekristallmuseum, das Otokoyama-Sake-Brauereimuseum, ein Wissenschaftsmuseum, ein Kunstmuseum und und und. Wer ein bisschen an der Geschichte der Stadt und Region – und/ober an den Ainu interessiert ist, findet im Asahikawa-Heimatmuseum viele Informationen. Das gut gemachte Museum ist auf zwei Etagen verteilt und eher klein – reicht aber für einen Schnupperkurs in die Geschichte der Stadt. Im Inneren des Bauwerkes wurden auch einige traditionelle Hütten der Ainu aufgebaut. Zum Thema Aino gibt es noch ein weiteres Museum in der Stadt – das Kawamura-Kaneto-Ainu-Gedächtnismuseum. Das Stadtmuseum liegt nur gute zehn Minuten zum Fuss vom Hauptbahnhof entfernt. Das Museum ist von 9 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet lediglich 300 yen.
Umgebung
Rund 15 km westlich des Zentrums liegt 神居古潭 Kamui Kotan. Hier fliesst der Ishikari-Fluss durch ein relativ enges Tal, das von den Ainu einst Kamui Kotan (Kamui bedeutet “Gott”, und “kotan” bedeutet “Dorf”) genannt wurde. Die Gegend ist vor allem im Herbst zur Zeit der Laubfärbung sehr schön – und gut besucht.
50 Kilometer Luftlinie östlich der Stadt befindet sich der 大雪山 Daisetsuzan (auch: Taisetsuzan) – die “großen Schneeberge”. Hier befindet sich der grösste Nationalpark Japans. Die großen Schneeberge sind in Wahrheit ein kleiner Gebirgszug mit 16 Zweitausendern. Der grösste Gipfel hier ist der 2’291 m hohe 旭岳 Asahidake. Ständig austretende vulkanische Gase in Gipfelnähe zeugen davon, dass der höchste Berg von Hokkaido noch aktiv ist. Da die Gegend bis ins 19. Jahrhundert Ainu-Land war, fehlen historische Aufzeichnungen, aber der letzte größere Ausbruch fand wohl im Jahr 1739 statt. Von Asahikawa aus fahren Busse zur 大雪山旭岳ロープウェイ Daisetsuzan Asahidake Ropeway – die fährt vom Asahidake-Onsen auf 1,100 Meter Höhe bis zur 5. Station des Gipfels auf rund 1,600 m Höhe. Die Hin-und Rückfahrt kostet 2,200 yen (bzw. in der Saison von Juni bis Oktober 3,200 yen). Von der Seilbahnstation sind es nur noch knapp 3 Kilometer bis zum Gipfel, aber für die sollte man rund 2 Stunden (bis zum Gipfel) einplanen. Vorsicht ist geboten – Wetterumschwünge sind häufig und heftig, und es kann auch im Sommer sehr kalt werden. Ausserdem sind in der Gegend zahlreiche Bären unterwegs.
Quasi auf der anderen Seite der Schneeberge gibt es einen weiteren Bergkurort und eine Seilbahn – an der 層雲峡 Sōun-kyō (“Schichtwolkenschlucht”) am Ishikari-Fluss. Diese Seilbahn fährt bis auf 1,520 bzw. bis zur 7. Station des 1’984 m hohen Kurodake.
Anreise
Asahikawa liegt auf halber Strecke der Nord-Süd-Eisenbahnachse. Hier endet die über 400 km lange JR 函館本線 (JR-Hakodate-Hauptlinie), die von hier über Sapporo bis nach Hakodate verläuft, von wo man seit 2016 Anschluss an den Shinkansen Richtung Tokyo hat. Von Sapporo braucht man mit dem Bummelzug rund 2¼ Stunden – allerdings muss man in Iwamizawa umsteigen und hat dort mitunter mehrere Stunden Zeit bis zum Anschlusszug. Dafür kostet die Fahrt auch nur 2,860 Yen. Der Schnellzug (unter anderem der Lilac-Express) braucht nur 1 Stunde und 25 Minuten, kostet dafür aber 5,220 yen.
In Asahikawa beginnt zudem die JR 宗谷本線 Sōya-Hauptlinie – eine rund 260 km lange Bahnlinie, die den Ort mit Wakkanai im äussersten Nordwesten von Hokkaido verbindet. Die Zugfrequenz auf dieser Linie ist eher dürftig – mit dem Bummelzug bezahlt man 5,940 yen, ist dafür jedoch über 8 Stunden unterwegs (darunter zwei Stunden Wartezeit in Nayoro). Der Sarobetsu-Express braucht nur knapp vier Stunden und kostet 8,890 yen. Nichts für einen Tagesausflug, aber eine landschaftlich sehr schöne Strecke. Es gibt auch einen Schnellzug der die beiden Linien verbindet, und also von Sapporo über Asahikawa bis nach Wakkanai durchfährt.
In Asahikawa beginnt noch eine weitere Bahnlinie – die JR 富良野線 Furano-Linie, eine 55 Kilometer lange Bahnlinie, die Asahikawa mit dem beliebten Wintersportort Furano im Süden verbindet. Der Zug braucht eine gute Stunde für die Strecke, die einfache Fahrt kostet 1,290 Yen. JR setzt auf der Strecke gelegentlich interessante Sonderwagen ein (darunter auch ein BBQ-Car), die natürlich sehr beliebt sind.
Asahikawa verfügt auch über einen Flughafen, der allerdings etwas außerhalb liegt – der Shuttlebus vom Bahnhofsvorplatz braucht rund 40 Minuten. Vom Flughafen Asahikawa gibt es regelmäßige Inlandsflüge nach Tokyo (Haneda), Nagoya und Osaka sowie im Winter gelegentlich internationale Charterflüge nach Peking, Shanghai, Seoul und Taipei.
Übernachtung
Vor allem rund um den grossen Bahnhofsplatz findet man die üblichen Business-Hotels. Wer es etwas persönlicher mag und sich nicht an der alten Einrichtung stört, sollte das 美松荘旅館 Mimatsusō Ryokan versuchen. Dieses Ryokan liegt sehr zentral, aber ein paar hundert Meter abseits vom Restaurant- und Kneipenviertel, so dass es nachts nicht zu laut ist. Bis zum Bahnhof läuft man rund 10 Minuten. Die gesamte Einrichtung ist ziemlich alt, und das Ehepaar, dass das Ryokan betreibt, ist ebenfalls betagt. Doch hier spürt man noch richtige japanische Gastfreundschaft mit Herz. Der Preis von 5,600 yen (mal mehr, mal weniger, je nachdem, wie man bucht) inklusive Frühstück geht voll in Ordnung. Die Adresse: 070-0032, 旭川市, 2条通り5丁目右8 (Hokkaido 070-0032, Asahikawa-shi, 2jō-dōri 5-chōme, Migi 8. Telefon: +81-166-226-657.
Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.