Seit 1948 gibt es in Japan das sogenannte 旅館業法 – das “Hotelgewerbegesetz”. Zwar enthält der Gesetzesname das Wort “ryokan”, welches heute eine spezielle Form der Unterkunft charakterisiert (und zwar traditionelle japanische Herbergen mit Logis), doch das Gesetz gilt natürlich auch für Hotels, Hostels und Minshuku.
Jenes Gesetz wurde mit Wirkung vom 13. Dezember 2023 nun überarbeitet – der Kernpunkt der Änderungen ist der, dass Hotelbetreiber nunmehr Gäste abweisen können. Hier geht es in erster Linie um Gäste, die Ärger bereiten – zum Beispiel, in dem sie Personal beleidigen oder wiederholt unerfüllbare/ungebührende Leistungen einfordern. Das nennt man auf Neujapanisch カスハラ (Kasuhara) — eine Verballhornung des englischen Begriffes “customer harrassment”, also die Belästigung von Angestellten durch Kunden. Das ist leider kein seltenes Phänomen — bei einer Umfrage gaben rund 50% der befragten Angestellten in Beherbergungsunternehmen an, Opfer solcher Kunden geworden zu sein – mit allen Konsequenzen wie Panikattacken, Schlaflosigkeit, Depression und so weiter. Diese Art von Schikane ist natürlich nicht auf das Hotelgewerbe begrenzt – auch Restaurant- und Geschäftsangestellte können meistens ein Lied davon singen.
Typische, konkrete Fälle sind zum Beispiel
1) Drohendes Verhalten des Gastes gegenüber Angestellten, zum Beispiel durch Fäuste auf den Tisch schlagen oder an den Schultern anfassen
2) Forderung nach einer Sonderbehandlung (früherer Zugang zum Zimmer, andere, teurere Gerichte usw.)
3) Forderung nach Preisnachlass wegen XYZ
Das komplette Gesetz ist hier einsehbar — die Änderungen beziehen sich dabei in erster Linie auf §5 Absatz 3, der nunmehr besagt:
Auf deutsch bedeutet dies sinngemäß:
Das klingt ein bisschen schwammig und wird sicher dafür sorgen, dass es zum einen oder anderen Prozess kommt, denn das Gesetz hat durchaus auch das Potential, von Herbergen mißbraucht zu werden. Doch diese neue Formulierung läutet im gewissen Sinne auch eine neue Ära ein, in der sich Angestellte im Hotelgewerbe nicht mehr alles gefallen lassen müssen. Es gibt genügend Japaner, die schnell mal gern ein Fass aufmachen – nicht selten läuft das darauf hinaus, dass die Kunden eine Dienstleistung billiger oder umsonst haben wollen oder einfach nur ihren Frust am Personal ablassen wollen. Schnelle Drohungen wie das Verfassen schlechter Bewertungen, der Ruf nach Vorgesetzten und dergleichen kommen recht häufig vor, auch die Aufforderung nach 土下座 (Ko-tau, die höchste Form der Entschuldigung, bei der sich der Entschuldigende auf den Boden setzen und mit dem Kopf den Fußboden berühren muss) ist, erst recht, wenn der Ärger unberechtigt ist, eine enorme psychische Belastung. In dem Sinne war die Novelle in der Tat hinfällig.
Ein weiterer Teil der Änderungen bezieht sich auf das Infektionsschutzgesetz — Gäste können nun mit mehr Nachdruck aufgefordert werden, die infektionsschutzbezogenen Maßnahmen einzuhalten, doch das Gesetz regelt nun ziemlich genau, wann und wie das erfolgen darf. Falls keine Gefährdung vorliegt, dürfen Herbergen ihre Gäste nicht ohne weiteres zwingen, irgendwelche hoteleigenen Maßnahmen (wie das Desinfizieren) zu befolgen.
Die Novelle wird in diesem gut gemachten Pamphlet von den Behörden gut erklärt – zwar auf Japanisch, aber die kleinen Illustrationen zeigen recht anschaulich, was geht und was nicht.
Versteh ich nicht. Wenn mir ein Hotel gehört, dann kann ich doch machen was ich will. Gibt es kein Hausrecht in Japan? Ich lass mir doch nicht vom Staat oder irgenwelche Kunden vorschreiben, wen ich in mein Hotel reinlassen darf und wen nicht.
Das Gesetz ist an sich gegen geltendes Menschenrecht. Japan rutscht da in eine ganz Schlimme Ecke rein. Sowas erwartet man vielleicht von Nordkorea aber doch nicht von Japan.
Manchmal schockt mich schon die Japanischen Gesetze und das Justizsystem an sich. Das geht alles in die falsche Richtung.