BlogTod für Shōkō Asahara?

Tod für Shōkō Asahara?

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Eine der Nachrichten, die heute die Titelblätter der japanischen Tageszeitungen bestimmten, war das verlorene Berufungsverfahren der Verteidiger Shoko Asahara’s gegen die Todesstrafe.
Zur Erinnerung: In den 1990ern machte Asahara, bürgerlicher Name Chizuo Matsumoto, mit der Oumu-Sekte (in Europa als AUM-Sekte bekannt) Schlagzeilen, als er erst eine Anwaltsfamilie in Matsumoto mit Giftgas auslöschte und 1995 mit einem Sarinanschlag in Tokyo 12 Menschen aus dem Leben riss. Und noch einiges mehr. Jedenfalls wurde er zum Tode verurteilt. Seine Anwälte plädierten nun auf Unzurechnungsfähigkeit – aufgrund der langen Haft brabbele der fast ganz Erblindete nur noch wie ein Kind und erkennt seine Töchter nicht mehr usw. Sie verloren – kaum überraschend.
In Japan muss man schon arg vorsätzlich etliche Mitmenschen meucheln um zum Tode verurteilt zu werden. Ein paar Kilo Rauschgift reichen da nicht. Wer allerdings zum Tode verurteilt wurde, hat wirklich nichts mehr zu lachen: Einzelhaft bis zum Ende und – das finde ich persönlich sehr extrem – der Henker kommt ohne Vorwarnung. Nach ein paar Monaten oder nach ein paar Jahrzehnten. Verwandte erfahren erst nach der Exekution vom Ende. Zum Tode Verurteilte werden in Japan gehängt. Man hört darüber aber in japanischen Medien so gut wie gar nichts. Man erfährt lediglich etwas, wenn jemand verurteilt wurde bzw. nachdem jemand hingerichtet wurde. Die meisten Japaner die ich kenne interessieren sich weder sonderlich dafür noch sind sie gegen die Todesstrafe.
Hierzu sollte man jedoch noch wissen, dass im Japan der Heian-Zeit (rund um das Jahr 1000 u.Z.) die Todesstrafe für rund 300 Jahre abgeschafft wurde – zu der Zeit einzigartig auf der Welt. In China war die Todesstrafe damals die einzige Strafart. Aber es gab rund 200 Hinrichtungsarten, je nach Schwere des Vergehens. „Du hast nur eine Kleinigkeit geklaut, deshalb kommst Du mit Köpfen davon“ — „Na Gott sei Dank“. Nein, eigentlich nicht zum Lachen.
Wort des Tages (auch wenn etwas düster): 死刑 (shikei). Shi bedeutet „Tod“ und „sterben“, kei ist die Strafe.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Hallo Matthias, Danke f?r die Neuigkeiten. Pers?nlich hab ich hier nichts mehr von diesen Attent?ter der AUM – Sekte geh?rt. Deshalb war das jetzt interessant zu h?ren, wie der Stand ist. Ich denke mal nach so langer Zeit ist dieser Mensch schon genug gestraft. Es reicht wohl aus wenn er sein Leben lang weggesperrt bleibt.
    Mach weiter so Gru? Armin

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