Die Rote Armee Fraktion (RAF) war in Deutschland seit den 1970ern das Synonym für Terror aus dem linksradikalen Spektrum der Gesellschaft — etwas ähnliches gab es in den 1970ern auch in Japan, und zwar unter anderem in Form der 東アジア反日武装戦線 – der “Ostasiatischen, Antijapanischen Bewaffneten Front”, im Englischen gern EAAJAF (East Asia Anti-Japan Armed Front) abgekürzt. Diese anarchistisch-antiimperiale Terrorgruppe bestand von 1972 bis 1975 und wurde vor allem wegen des schweren Bombenattentats auf die Konzernzentrale von Mitsubishi Heavy Industries mitten im Stadtzentrum von Tokyo bekannt. Mitglieder der Organisation platzierten am 19. April 1975 zwei jeweils 45 Kilogramm schwere Zeitbomben vor dem Eingang des Bürogebäudes. 8 Minuten vor der eingestellten Detonationszeit wurden die Mitarbeiter im Gebäude telefonisch gewarnt, doch das ganze hielt man für einen schlechten Scherz. Eine weitere telefonische Warnung kurz vor der Explosion wurde ebenfalls ignoriert. Letztendlich explodierte zwar nur eine der beiden Bomben, doch die Wucht war stark genug, um 8 Menschen in den Tod zu reissen.
Einige der Mitglieder wurden seitdem bis heute von der Polizei gesucht — Fahndungsposter an den polizeilichen Dienststellen zeigen auch heute noch sehr alte Fotos der Attentäter. Offensichtlich fahndete man all die Jahrzehnte vergebens, und so staunten Krankenhaus- und Polizeiangestellte nicht schlecht, als ein alter Mann am 25. Januar 2024 in einem Krankenhaus in der Präfektur Kanagawa vorstellig wurde und dort angab, der seit fast 50 Jahren gesuchte Satoshi Kirishima zu sein. Weiterhin gab er an, dass er aufgrund einer Krebserkrankung sterbenskrank sei und die letzten Tage bis zu seinem Tode unter seinem echten Namen leben wolle. Die Polizei verhaftete den Mann daraufhin, befragte ihn zum Attentat und brachte ihn zur medizinischen Behandlung zurück ins Krankenhaus – wo er heute letztendlich verstarb.
Unter den japanischen, linksextremen Terrorgruppen war zwar die JRA (Japanische Rote Armee) wesentlich bekannter und berüchtigter – sie war von 1971 bis 2001 aktiv und verübte zahlreiche, auch sehr blutige Anschläge, doch die meisten davon fanden im Ausland statt, so bei einem Attentat auf den FLughafen LOD in Tel Aviv im 1972 — damals kamen neben zwei Terroristen 26 mit Japan völlig unbeteiligte Menschen zu Tode. Doch der Anschlag der EAAJAF war der blutigste Anschlag auf japanischem Boden – bis zum Giftgasanschlag der Aum-Sekte auf die U-Bahn in Tokyo im Jahr 1995.
Die Aufarbeitung der JRA- und EAAJAF-Anschläge wird sicherlich noch eine Weile andauern — auch unter dem Aspekt der Frage, wie Kirishima sich — scheinbar in Japan — fast 50 Jahre lang verstecken konnte.