BlogHauptsache mit viel Mayonnaise!

Hauptsache mit viel Mayonnaise!

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Eine der Spezialitäten meiner Präfektur (Chiba) nennt sich クジラのたれ (kujira no tare) – getrocknetes Walfleisch. Genauer gesagt ist das eine Spezialität der Südspitze der Bōsō-Halbinsel, auf der anderen Seite der Bucht von Tokyo, gegenüber von Tokyo quasi.
Eine gute Bekannte von uns hatte sich neulich auf den Weg dorthin gemacht – keine zwei Stunden entfernt – und als Mitbringsel eine Tüte mit schwarzem, verrunzelten Etwas mitgebracht. Besagtes, getrocknetes Walfleisch. Nun kann man über Waljagd sagen, was man möchte – ich sehe das ganze recht nüchtern. Japaner sind, wie Norweger oder Isländer, traditionelle Walfänger. Sollte die Jagd nicht bestandsgefährdend, also nachhaltig sein, sollten sich Mitteleuropäer besser informieren, bevor sie aufschreien. Das Theater mit dem “Wir jagen doch nur aus Forschungsgründen!” ist andererseits sehr fadenscheinig und absurd. Denn Walfleisch kann man hier überall kaufen.
Zurück zum Punkt. Getrocknetes Walfleisch sieht ein bisschen aus wie Beef Jerky (getrocknetes Rindfleisch), aber rabenschwarz, und muss lange, lange gekaut werden, bevor man es herunterschlucken kann. Der äusserst unangenehme Geschmack macht das nicht unbedingt einfacher. Unsere Bekannte und die Herstellerfirma hat freilich auch sofort die Lösung parat: Mit viel Mayonnaise essen! Ist ja klar – Mayonnaise übertüncht den mörderischen Geschmack wenigstens ein bisschen. So kann man sich sein Essen auch schön reden.
Erinnerte mich auch spontan an den alten Witz, wie man Spinat am besten herrichten kann – indem man ihn kurz vor dem Servieren durch ein saftiges Steak ersetzt. Nun ja. Wir bekamen es geschenkt, bekamen es nicht runter und mussten es nun entsorgen. Es gibt Sachen, die sollte man probiert haben. Andere muss man nicht unbedingt probieren. Zumindest kein zweites Mal.
Hier noch die Webseite des Herstellers: Hakudai. Die Slideshow rechts ist nichts für Walfans. Dass diese heute “Spezialität” genannte Essware einen schlichten, historischen Hintergrund hat, ist freilich klar: Getrocknetes Fleisch ist ein beachtlicher Energiespender, der lange haltbar ist – auch ohne Kühlschrank.
Das Wort des Tages: 珍味 – chinmi – “seltsamer Geschmack” – eigenwillige, kulinarische Spezialitäten. Wie Seegurkeninnereien zum Beispiel. Es gibt etliche Chinmi in Japan – alle gewöhnungsbedürftig, aber nicht unbedingt schlecht – ich zum Beispiel weiss ein paar Chinmi sehr zu schätzen…

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

20 Kommentare

  1. Ja und welche wären das? Manches mag exotisch sein, aber trotzdem lecker, anderes skurill aber nicht wirklich geniessbar. Mir fällt da spontan ein Donut ein den ich mir zu Gemüte führen wollte, doch anstelle einer süssen Füllung war da eine, wenn ich es richtig verstanden habe, salzige Algenpaste. Keine wirklich überzeugende Kombo nach meinem Gaumen. Auch kulinarische Gewohnheiten spielen eine Rolle. So finde ich persönlich vieles was man in einem Okashi-ya kaufen kann zwar wunderschön zum anschauen, und vom Geschmack eigentlich auch nicht schlecht, nichtsdestotrotz scheckt es mir nicht. Eer Grund liegt in der Konstistenz der Süssigkeiten. Sie sind oft sehr weich und gliberig sodass beim reinbeissen sich bei mir schon die Nackenhaare sträuben. Gütes Essen mit einer Konsistenz die nicht mit den eigenen Esskultur einhergeht wird so zur Ekelprobe. Diese Erfahrung musste ich in Japan immer wieder machen. Andererseits hat dieses kulinarische Neuland auch seinen ganz besonderen Reiz, denn wer nicht probiert ist selber schuld. Heydal

  2. Uiii sowas im Netz offen zugeben damit macht man sich doch in der westlichen Welt (Ausserhalb Norwegens) zum Outlaw! ;-)
    Zu dem historischen Gründen stimme ich dir zu und das interessante ist das im Gegensatz zu Japan und Norwegen wo der Wal wirklich als Nahrungsquelle diente und rech komplett verwertet wurde, die heutigen Nationen die so grossartig “pro Wal” rummachen mit ihrer industrialisierten Waljagd erst die Bestände bis zum Aussterben dezimiert haben. Und wofür? Um Tran zu gewinen als Öl für Lampen und für Kosmetische Produkte, das Walfleisch wurde im besten Falle zu Hundefutter verarbeite aber meistens einfach weggeschmissen.
    Insofern stellen sich USA/Grossbritanien und auch Deutschland die recht beträchtliche Walfangflotten hatten in ein sehr sehr grosses Glashaus heute. :-/

    Zu der Geschmacklichen Sache… nun ja komischen Geschmack mit viel Mayo übertünchen… da kennt man ja oft :D
    Ansonsten sag ich nur BTDT-Bäh, aber es stimmt wie du es sagst, es ist wohl eine 1a (haltbare) Energie- und Proteinquelle.

  3. Ja, ich hatte es auch mal als Sushi/Sashime…
    Dachte erst es wäre rohes Pferdefleisch, meine Bekannten haben mich erst nach dem runterschlucken aufgeklärt (inklusive fettes Grinsen).
    Aber Wal führt klar vor Natoo… üürrgss

  4. @Hamu-Sumo
    Definitiv!

    @Heydal
    Also als die drei “seltsamsten” (auch im Sinne von rar/teuer) Sachen Japans gelten
    Uni (Seeigel), Karasumi (gesalzener & getrockneter Rogen) und Konowata (Seegurkeninnereien). Mehr siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Chinmi
    Als die drei seltsamsten/seltensten Esswaren der Welt gelten übrigens Kaviar, Trüffel und Foie gras.
    Mit der Konsistenz kann ich Dir nur recht geben – das 食感 (Essgefühl) spielt definitiv eine wichtige Rolle. Andererseits – beim Natto stört die meisten eben dieses Essgefühl – mich stört das weniger. Ich komme einfach mit dem Geruch und Geschmack nicht klar :-)

    @Michael
    Wichtiges Argument – gern vergessen. Aber was geht uns die eigene Geschichte an…

    @Juergen
    Also 霜振り馬刺し (angetautes, rohes Pferdefleisch) habe ich schon öfter gegessen, aber das meinst Du wahrscheinlich nicht, oder!?

  5. Seeigelkompott, Oktopus-Salat, Tintenfisch-Marshmellow, Rochenflügel, Trüffel, Fischrogen, Milchhaut usw. (9 Gänge) hab ich mir übrigens vor ein paar Wochen in einem Restaurant reingezogen :-)

  6. Merkwürdig – bin ich hier der einzige Walfanggegner ?
    Die Argumente sind ja hinlänglich bekannt, und mit dem Verweis auf frühere Walfangflotten und auf “Tradition” sicherlich nicht widerlegt.

    Zukünftig werde ich aber gerne auf diesen Eintrag verweisen:
    Das Fleisch hat einen “äusserst unangenehmen Geschmack” und wurde dann weggeschmissen. Na toll.

  7. @Thomas
    Wo steht denn, dass ich für den Walfang bin? Ich und die meisten Kommentatoren sehen die Sache lediglich etwas nüchterner, nicht nach dem Motto “Wale? Auf die Barrikaden!”
    Was hättest Du denn gemacht? Das Geschenk abgelehnt? Grosser Faux pas und davon wird er auch nicht wieder lebendig. Sagen, “nächstes Mal bitte kein Walfleisch”? Habe ich gemacht. Hättest Du es aufgegessen, nur um es nicht wegzuwerfen?
    Das ganze wirft eine Reihe zahlreicher anderer Fragen auf – ich frage mich zum Beispiel nachwievor, woher sich Leute das Recht nehmen, den Verzehr von Hundefleisch in Korea und China zu verdammen. Solange in Europa anderes Getier in Massen gehalten und gegessen wird, gibt es keinen vernünftigen Grund für solche Anfeindungen.
    Wie auch immer – Walfang und Walfleisch zählen zur japanischen Kultur, und dieser Blog beschäftigt sich mit möglichst vielen Aspekten Japans – und zwar nicht verurteilend, sondern nach Möglichkeit nüchtern.

  8. Ich rätselte bereits, wie viele “DRECKIGE WALSCHLÄCHTER UND DELFINKILLER!!!”-Kommentare hier schon landeten bzw. in den nächsten Jahren noch landen werden. 20? 100? 5000?
    Man kann nie genug “Fanpost” kriegen ;-)

    Realistisch gesagt, in sehr vielen Ländern mit Meeranstoss werden Wale gejagt, meist durch lokale Fischer. Dessen ist man sich oft nicht bewusst. Was aus dem Meer kommt, ist ein Fisch der Nahrung darstellt, ob gross oder klein. Das Bild von Walen das wir haben ist wohl so ähnlich wie sich andere “Bambi & Klopfer” vorstellen. Zu sagen dass im Herbst die Wildsaison eröffnet wird, und all die niedlichen Bambis und Klopfer gejagt, geschossen, gehäutet, ausgebeint und auf rauschenden Festen grilliert und gegessen werden, dürfte so manche Nicht-Europäer schocken.
    Wale sind uns heilig – niedliche Lämmlein, herzige Kaninchen, Gemsen, Pferde etc. kein Problem, auf den Tisch damit! Kühe und Schweine zählen eh nicht, die sind Grundnahrung. Und jetzt sage man das mal in Indien oder in einem islamischen Land. Eine andere Sache ist kommerzieller Walfang, wenn Bestände gefährdet werden. Aber man kann nicht mehr als appellieren.

    Wenn es nach mir ginge, würde kein einziger Wal mehr gejagt. Aber die Welt dreht sich nun mal nicht um mich. Und ich hüte mich tunlichst, anderen Ländern/Völkern vorzuschreiben, was richtig ist und was falsch ist. Was in der Heimat gilt, gilt nicht zwingendermassen in anderen Ländern. Die eigene Moral- und Wertvorstellung anderen aufzuprägen ist tiefstes Mittelalter, diese kolonialistische Haltung sollten gerade Europäer(!) im Ausland schleunigst ablegen, wo doch sonst immer in Anspruch genommen wird, aus der Geschichte gelernt zu haben und ein aufgeklärter Mensch zu sein. Michael Hess hat hier einen guten Punkt gemacht.

  9. @Thomas
    Wer hat gesagt das ich für den Walfang bin?
    Ich finde es nur das die Industrienationen die jetzt so gegen den Walfang sind (weil die Ressource uninteressant geworden ist durch die fast Ausrottung) sehr sehr sehr heuchlerisch sind.
    Waren sie übrigens auch als Sie den Indianern in den USA die Büffeljagd verboten nachdem weiße Jäger die Büffel in massen abgeschlachtet haben um den Hunger der Großstädter nach Büffelsteack zu stillen.

  10. Addendum2

    Hehe btw sag mal in Deutschland bei einem Date das Pferdefleisch lecker ist (und es ist lecker!). Der Abend ist aber gelaufen!
    Nur was ist der Unterschied zwischen Pferd (ohh süss) und Kuh (iirrgss)?

    Aber zurück zu Japan, warum schmeckt das Fleisch (Rind und Schwein) hier soviel besser?
    Liegt es wirklich so wie ich vermute daran das hier die Massenzucht eher nicht praktiziert wird?
    Was ja dann auch den Preis erklären würde.

  11. @Michel Hess
    Nicht zu vergessen dass Bisons primär abgeschlachtet wurden, um den Indianern die Lebensgrundlage zu entziehen (Indianer fertigten sich aus Bisons alles was sie zum Leben brauchten) und sie so in die Reservate zu zwingen.
    Bis fast zur Ausrottung gejagt wurde auch wegen der Haut alleine, den Rest liess man verrotten (auch zur Provokation und Häme).

  12. Späterstens seit StarTrek 4 sollten doch alle wissen wofür wir die wale noch brauchen !!!!

    ich denke über solche themen kann man stunden diskutieren und kommt doch zu keinem ziel. aber so wie ihr das zeug beschreibt, würd ichs eh nicht runterbekommen – zumal ich keine mayo mag ^^

  13. Hallo,

    also diese getrockneten Fleich “Stäbe” aus Walfleisch vom Hersteller Hakudai sehen wirklich nicht besonders lecker aus und das der Hersteller selbst sagt man solle viel Majonnaise dazu essen um den Geschmack zu übertünschen macht mir ein wenig bange ^^. Aber probieren würde ich es auf jeden Fall einmal.

    Zur Waljagd, cih denke das wir im Westen stark hochgekocht, die Japaner werden schon aus Eigeninteresse nachhaltig fangen, den sonst haben Sie bald selbst nichts mehr von ihrer “Delikatesse”

  14. Nachhaltig ist wohl die Frage..wie bei einem Tier das z.b. erst mit 10 Jahren geschlechtsreif wird, etwa ein Jahr trägt und dann nochmal etwa ein Jahr säugt und nur die Hälfte der Jungtiere weiblich sind?

    Gerade die großen Wale mit ihrer langen Fortpflanzungsdauer sind es ja die zu ‘Forschungszwecken’ getötet werden.

    Dazu die starke Verschmutzung der Meere die dann wieder in der ‘Verschmutzung’ des Fleisches resultiert.

    Sicher kann man sagen..hey ihr züchtet und esst Schweine/Kühe/Hunde also redet uns mit den Walen nicht drein..aber das es nun mal…

    Kein Schwein oder Hund wird deswegen ausgerottet(ja alte Bauernrassen sterben aus aber die Art an sich bleibt), sie sind gezüchtet..kontrolliert, vermehren sich reichlich.

    Wale…eher nicht der Fall.

    Und wenn man nur gegen etwas sein darf dass dem gesunden Menschenverstand widerspricht wenn man selber blütenrein ist und bitte schön auch das Land aus dem man kommt…

    hehe na das wäre mal lustig.

    Aber so wurde schon immer argumentiert…hört auf gegen Sklaverei zu sein, ihr habt doch auch davon profitiert etc pp…selbe langweilige, durchgekaute, unintelligente Schoße immer wieder.

    Das wäre wie wenn man sagt man darf sich nicht aufregen wenn ein Mensch einen anderen ermordet weil man selbst mal ne Ameise zertreten hat, oder en Schinkensandwich gegessen hat..ist ja alles das selbe, ne?

    So wie wenn man sich nicht gegen Walfang aussprechen darf wenn man in einem Land lebt das Schweine zum Verzehr züchtet..is ja auch haargenau das gleiche…

    ..oder doch nicht?

    Was Sebastian sagte dass die Japaner schon nicht ihre Delikatesse ausrotten werden sondern nachhaltig sein werden..

    die Geschichte der Menschheit zeigt uns sehr deutlich wie nachhaltig die Leute immer mit ihren Delikatessen oder z.b. modischen Artikeln/Tieren umgingen.

    Es werden weniger Tiere, die Preise steigen, jeder will noch schnell eins haben bevor sie aussterben..und schwupps weg sind sie.

    Is aber überall so, nicht nur bei den Japanern. Da kann man die Menschheit schon im allgemeinen in den Kochtopf werfen.

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