Ach, ich liebe es – diese ganz besondere, japanische Mischung: Einerseits zelebriert man hier den Kapitalismus wie sonst kaum auf der Erde. Wer richtig clever ist und sich durchsetzen kann, kann den Kapitalismus durchaus nutzen und es zu etwas bringen. Alle Mittel sind erlaubt. Alle? Nein! Irgendwann kommt dann doch Vater Staat und bemerkt plötzlich: Moment mal, so geht das aber nicht!
So geschehen mit Softbank (Ex-Vodafone). Hintergrund: Seit vergangener Woche (nun doch schon, im Jahr 2006!) kann man seine Handy-Nummer behalten, auch wenn man zu einem anderen Betreiber wechselt. Viele bleiben ja bei ihrem Handybetreiber trotz Mißständen, da ja Panik herrscht, dass man beim Rufnummerwechsel vielleicht einen wichtigen Anruf verpassen könnte.
In Japan buhlen hauptsächlich drei Betreiber um die rund 100 Millionen Handy-Besitzer: Docomo, au / tu-ka sowie Softbank (aka Vodafone Japan). Nun brachen also die Dämme letzte Woche: Man konnte also seine alte Nummer behalten und endlich zu einem anderen Betreiber wechseln. Softbank ist eine Art underdog mit ein paar (wohl) schmucken Handys, und man hat eine clevere Marketingkampagne gestartet: Telefonieren für 0 ¥! Dafür liess man sogar Cameron Diaz telefonierend durch einen Supermarkt laufen.
Telefonieren für nix? Als geübter Endbenutzer fragt man jetzt freilich nach dem Kleingedruckten. Welches auf dem Fernseher so klein ist, dass man wirklich gar nichts sieht. Plötzlich wachten die Politiker auf und sagten “Moment mal, das ist doch Betrug”! Ach nee. Wer hätte das gedacht. 0 ¥? Natürlich! Aber nur bis Februar. Und nur ins gleiche Netz. Nun sah sich also der Softbank-Chef gezwungen,in einer Pressekonferenz folgendes zu äussern: “Ich entschuldige mich zutiefst für vielleicht entstandene Missverständnisse. Wir werben mit kostenlos telefonieren, aber wenn man alles zusammenrechnet, kosten wir genauso viel, möglicherweise sogar mehr als unsere Wettbewerber”. Welch bewegender Moment! In Deutschland habe ich sowas jedenfalls noch nie in den Hauptnachrichten gesehen…
Zu allem Übel brach auch noch das Computersystem von Softbank zusammen, so dass man An- und Ummeldungen für ein paar Tage aussetzen musste. Jedenfalls ist der springende Punkt hier: Da leiern sich die Marketing-Leute eine witzige Kampagne aus dem Kreuz. Die mehr als offensichtlich ist. Und trotzdem – Wettbewerber und Politiker mokieren verzerrenden Wettbewerb. Ist das Kapitalismus in Reinform? Ja! Ist das Sozialismus? Ja! Wie drollig.
Eines der neuen Vodafone Softbank-Handys
Das Wort des Tages: 携帯電話 keitai denwa. “Keitai” bedeutet “tragen, tragbar” (-tai ist übrigens der Gürtel, also am Gürtel mitnehmen). denwa (Strom-sprechen) ist das Telefon. Ergo Handy. Da zu lang, oft einfach nur ケータイ (keetai) gesprochen und geschrieben.
Das war ja ebend das sozialistische Moment in dieser Aktion: Der Staat greift ein! Und zwar ziemlich häufig.
Softbank macht weiter mit der Aktion – aber nach der Werbung steht auf ein Mal gross und unterstrichen da, was es zu beachten gilt: Nur 200 Minuten, nur bis Februar, nur im gleichen Netz und so weiter. Wirklich ein PR-Gau, aber ich denke die Wogen werden sich schnell glätten.
wow, das klingt mal nach einem echten PR-GAU! Wobei es schon richtig krass ist, dass sich da die Politik einmischt… ist in Japan zuf?llig grade irgendwo Wahlkampf? Oder haben die Softbanker wom?glich das Sternchen mit dem vielen Kleingedruckten drunter vergessen? Tja, das kommt davon, wenn man etwas verspricht und es dann nicht halten kann. Wieder mal wird mein Motto der Unternehmenskommunikation best?tigt: L?gen haben kurze Beine!