Gelegentlich schaue ich in einer Bar nahe meines Bahnhofs vorbei – einfach nur, um manchmal die Woche ausklingen zu lassen. Und um Leute aus der Gegend zu treffen, denn das ist die beste Gelegenheit, um das eine oder andere über die Gegend zu erfahren. So erfuhr ich neulich von einem Sake-Spezialgeschäft. Das liegt zwar nicht direkt um die Ecke, aber mit 12 Kilometern ist es auch nicht weit und leicht mit dem Auto erreichbar. Also nichts wie hin.
Sake, wie der japanische Reiswein im Ausland genannt wird, heißt in Japan genau genommen 日本酒, wörtliche “Japanischer Alkohol”, denn “Sake” ist die Lesung des Schriftzeichens 酒 (welches SHU und sake gelesen wird) – in dem Sinne bedeutet “sake” einfach nur “(Trink)alkohol”. Hängt man jedoch das Höflichkeitspräfix “O-” ran, wird daraus “O-sake”, was je nach Situation auch als “Sake” verstanden werden kann. Um es noch weiter zu komplizieren, steht auf den Sakeflaschen stets 清酒 – “Raffinierter Alkohol”. Das erfordert das Gesetz, aber im Alltag wird die Bezeichnung nicht benutzt.
Sake hat zwischen 15 und 22% Alkohol, am häufigsten sind 15-16%, womit er etwas stärker ist als die meisten Weinsorten. Hergestellt wird er aus fermentiertem Reis. Geschmachsbestimmend sind dabei unter anderem, welcher Reis benutzt wird und wie stark der Reis poliert wurde (je stärker desto teurer der Sake), aber auch das Wasser, welches zum Brauen benutzt wurde. Guter Sake wird aus Reissorten gebraut, die extra für Sake gezüchtet wurden. Dieser Reis ist auch teurer als der gewöhnliche Reis, den man sonst so verzehrt.
Beim Sake gibt es zudem verschiedene Geschmacksrichtungen und Spielarten – trockenen und süßlichen Sake, Sake, der am besten heiß oder kalt getrunken wird, klarer und trüber Sake, “roher” Sake (unpasteurisiert) und pasteurisiert und so weiter und so fort: Im Prinzip gibt es letztendlich eine ähnliche Vielfalt wie bei Wein oder Bier.
Aber zurück zum Sake-Spezialgeschäft: Koyama Shōten heißt der Laden, und er befindet sich in Tama, einer Stadt innerhalb der Präfektur Tokyo. Das alte Geschäft ist zwar nicht sehr groß, aber in der tat sehr beeindruckenD – erstmal betritt man ein auf den ersten Blick normal aussehenden Alkoholladen, doch läuft man weiter gerade aus, ist es fast so, als ob man eine kleine Höhle betritt – der hintere Raum ist relativ dunkel und voller Regale und Kühlschränke mit hunderten von Sakearten. Nur wenige davon kannte ich – natürlich gibt es die üblichen Verdächtigen wie 獺祭, ein exquisiter und relativ teuer Sake – aber auch zahllose unbekannte und zum Teil sehr teure Sorten. Eine Flasche viel mir sofort ins Auge: Eine 1,8 Literflasche (also ein japanisches 升) mit dem Namen 而今 und einem auffälligen Schildchen daneben: “Weiterverkauf verboten • pro Haushalt nur eine Flasche”. Ein Marketingtrick? Wer weiß. Aber es weckte meine Neugier. 4000 Yen, also rund 25 Euro, kostete die Flasche – das ist relativ teuer, kosten doch die meisten Sorten in der Größe unter 2000 Yen. Ich zögerte etwas, aber meine Frau zerstreute meine Zweifel: “Klar kaufen wir den”.
Zu Hause schauten wir etwas genauer nach, was wir da eigentlich gekauft haben – einen Sake, der in der 6. Generation von einem Familienunternehmen in der Präfektur Mie gebraut wird. Die Flaschen werden in der Tat zur Zeit auf Mercari (der japanischen Version von Ebay) für Preise zwischen 9’000 und 14’000 Yen angeboten. Ein typischer Fall von 転売, ein japanischer Volkssport. Weiterverkaufen werden wir ihn natürlich nicht – wir warten einfach einen gebührenden Anlass ab, zu dem wir die Flasche köpfen können.
Koyama Shōten verkauft laut eigenen Angaben 1500 verschiedene Arten alkoholischer Getränke, darunter 800 Sake-Arten. Es gibt auch eine gute Weinauswahl – darunter ein komplettes Regal mit deutschen Weinen. In Sachen Sake scheint Koyama die Nummer 1 in der Hauptstadtregion zu sein. Und nicht nur dass: Die Angestellten sind schwer auf Trab und sehr gut in der Beratung.
Persönlich mag ich Sake durchaus. Ich würde ihn nicht jeden Tag trinken wollen, aber Wein würde ich – im Gegensatz zu Bier – auch nicht jeden Tag trinken wollen. Doch zu vielen japanischen Gerichten, vor allem aber zu Fischgerichten, passt Sake hervorragend. Und Koyama Shōten hat mein Interesse an Sake erneut geweckt.
Moechete gerne versuchen, Ich mag Sake sehr, aber leider langsam kann ich nicht so viel trinken.
Sake hat eine wichtige Zutate – nicht nur Hefe braucht man, aber auch Koji – dass ist ein ‘Treasure mould’ von Japan.
Ich mache es jedes Jahr, fur Miso. Leider Sake zu machen hat nicht sehr gut geklappt.
Schuldigung fur schlaechtes Deutsch.
Interessant. Wie machst Du denn Miso? Und kein Problem mit dem Deutsch!
Das Brauwasser ist ja auch fuer das Bierbrauen immens wichtig! So habe ich z.B. zu der Zeit, als ich noch in Kanto gewohnt habe, “Asahi” gemieden. Als ich nach Hokkaido kam, habe ich erstmals auf Hokkaido gebrautes Asahi vom Fass getrunken (nicht so eine Ploerre wie “瓶生”, wo allein das Wort ein Verbrechen ist…) – und siehe da, es war durchaus trinkbar! Zwar nicht mit “Kirin” oder dem hier sonst ueblichen “Sapporo” zu vergleichen, aber um Laengen besser als das, was man in Tokyo eingefloesst bekommt!
Es sei dazu angemerkt, dass das deutsche Reinheitsgebot hier in Japan nicht gilt und es leider durchaus zulaessig ist, auch andere Sachen in die Maische zu kippen…
Wer in Sapporo japanischen Sake verkosten will, dem sei das “Urara” (zwischen Sapporo Dome und U-Bahn-Station Fukuzumi gelegen) empfohlen. Der Master kennt sich hervorragend aus und hat eine grosse Auswahl fuer seine Gaeste vorraetig, so dass man nach der letzten U-Bahn durchaus bis Abfahrt der ersten U-Bahn die Nacht mit Test-Trinken verbringen kann. Wenn man Glueck hat, zieht der Master sogar mit… ;-)
Mann, ich muss wirklich mal wieder nach Sapporo… und zwar allein. Orte wie das Urara gibt es ja hier und dort, aber man muss lange nach so etwas suchen.
Sag bescheid, ich bin zu jedem Umtrunk bereit… ;-) Bin allerdings kein Ramen-Fan (猫舌), aber im “Urara” gibt es jede Menge anderer Leckereien… ;-)
Auch die deutschen Weine scheinen ganz gut ausgesucht, wenn ich das richtig erkennen kann (u.a. Huber, Waßmer und Fürst). Was ist das links oben, Markus Molitor?
Ich fürchte aber, dass im Konbini die Liebfrauenmilch immer allgegenwärtig ist… ;-)
Viele Grüße aus dem Weinland Baden!
Der ganz links oben ist ein Riesling Terra Montosa. Ja, das deutsche Weinangebot dort ist auf jeden Fall überdurchschnittlich – so was wird man natürlich nie im Konbini finden. Dort wird ja wirklich fast nur Château de la Migraine verkauft.