Wie bereits am 4. Januar in diesem Artikel angekündigt, wurde heute also der Ausnahmezustand ausgerufen – gültig ab Freitag, dem 8. Januar, und für die Dauer von einem Monat, wobei schon jetzt deutlich wurde, dass man den Ausnahmezustand nur dann beenden will, wenn die Zahlen für Tokyo unter 500 pro Tag fallen.
Dazu gab es mehrere Szenarien: Experten befürchten, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen ohne Ausnahmezustand bis Ende Februar auf rund 3,500 Fälle pro Tag steigen wird – und mit einem relativ lockeren Ausnahmezustand, wie er jetzt beschlossen wurde, es wahrscheinlich bei rund 1,200 Fällen pro Tag bleibt. Diese Schätzungen sind vorsichtig ausgedrückt optimistisch, denn gestern waren wir bei 1,500 Fällen – und heute plötzlich bereits bei rund 2,500 Neuinfektionen. Allein in Tokyo, wohlgemerkt.
Konkret bedeutet der Ausnahmezustand nicht allzu viel: Die größte Maßnahme ist die, dass Restaurants und Bars vor 8 Uhr abends schliessen sollen. Tun sie das nicht, werden die Betreiber entweder direkt gebeten, zu schliessen, oder eine Liste der Namen wird veröffentlicht. Wenn das mal nicht als indirekte Werbung für coronamüde Bargänger endet…
Die Corona-Pandemie sorgt für diverse Veränderungen, und eine in diesem Jahr spürbare Veränderung war die Abnahme der obligatorischen Neujahrsgrußkarten, genannt 年賀状 nengajō. Die enthalten die Adresse des Empfängers und des Absenders sowie ein Lotterielos und eine vorgedruckte Briefmarke auf der einen Seite, und persönliche Grüsse und ein vorgewähltes Motiv (oder selbst gestaltete Motive, Familienfotos und dergleichen) auf der anderen Seite. Ausgeliefert werden die Karten am 1. und am 3. Januar, manche auch etwas später. Zu Spitzenzeiten, im Jahr 2003, wurden sage und schreibe fast 35 Karten pro Japaner geschrieben – an Familienangehörige, Freunde, Kollegen, Vorgesetzte, Clubmitglieder und so weiter und so fort. Mein Schwiegervater erhielt zu Spitzenzeiten und aufgrund seiner Position in der Firma über 200 Karten pro Jahr – und verschickte entsprechend selbst auch sehr viele.
Graphik: Durchschnitt der versendeten Neujahrskarten pro Person
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Doch seit 2003 nimmt die Zahl der Karten ab – in diesem Jahr lag der Schnitt bei 15 Karten pro Person, und das haben wir auch selbst festgestellt – immer mehr Menschen nehmen Abschied von dieser – zugegeben etwas lästigen – Tradition und schicken entweder gar nichts oder eine Karte per Email. Die absoluten Zahlen sind übrigens beeindruckend: 2003 wurden innerhalb von zwei, drei Tagen 4,4 Milliarden (!) Neujahrskarten verschickt – in diesem Jahr waren es immerhin fast 2 Milliarden.
Das mit den Neujahrskarten ist übrigens nicht so einfach. Hatte man in der Familie einen Todesfall zu beklagen, schickt man vor Neujahr eine 喪中 Mochū – “Trauerkarte”, die bedeutet, dass man keine Neujahrskarte schicken wird — und auch keine Neujahrskarten geschickt bekommen möchte. Ausserdem werden bei den Adressen auch die Kinder aufgelistet – man muss also bei Todesfällen und Geburten permanent die Adressdaten ändern, und schon bei 50 Adressen gibt es da etliche Änderungen pro Jahr.
Klar, der “nicht-Ausnahme-Ausnahme Zustand”!
Was fuer ein Bloedsinn, als ob die Uebertragung des COVID19 Virus zeitabhaengig waere, nach dem Motto bis 20 Uhr seid ihr sicher, danach usch husch von der Strasse ins eigene Heim. Naja, zuerst hiess es ja auch, die juengere Generation sei kaum betroffen, jetzt stellt sich heraus, das es gerade die 20 und 30 Jaehrigen sind, die es am meisten erwischt. Wenn die japanische Regierung sich mal etwas entschlossener zeigen wuerde ….. aber bei Suga “cunctator” ist da nicht viel zu erwarten. Zum Glueck sieht es hier bei uns im “inaka” (sprich Ehime) noch nicht so schlimm aus, aber die Zahl der Infizierten erhoeht sich auch fast taeglich und es ist (noch) kein Ende in Sicht!