Am 28. Januar tat sich inmitten einer größeren Straßenkreuzung in der Stadt Yashio in der Präfektur Saitama der Erdboden auf – und verschlang einen kompletten LKW. So weit, so tragisch. Das kommt gelegentlich vor – so zum Beispiel in Fukuoka vor gut 8 Jahren. Bei solchen Dingen erwartet man in der Regel, dass die Bergungsarbeiten nach eins, zwei Tagen abgeschlossen sind. Doch wer hätte erwartet, dass der 74-jährige Fahrer selbst 10 Tage später noch nicht geborgen werden konnte.
Man begann noch in der Nacht mit den Bergungsarbeiten – schweres Gerät wurde herangeschafft, und man schaffte es tatsächlich, den LKW aus dem Loch zu ziehen, doch leider nicht den ganzen Wagen – die Führerkabine blieb nämlich im Loch stecken. Und nicht nur das: Nur wenige Meter entfernt tat sich während der Bergungsarbeiten ein neues Loch auf, welches einen Strommasten und ein großes Werbeschild verschlang. Nun wurde die ganze Misere deutlich: Die komplette Straßenkreuzung erwies sich als unterhöhlt, und das Loch hatte mit 10 Metern eine beachtliche Tiefe.
Für die Einsatzkräfte sowie für die Anwohner begann ein Martyrium. Der Einsatz schweren Gerätes war offensichtlich zu gefährlich, und das Herabseilen in das Loch sowieso. Das letzte Lebenszeichen des LKW-Fahrers vernahm man einen Tag nach dem Unglück – danach herrschte Ruhe. Ein Blick in den Untergrund liess erahnen, mit welchen Schwierigkeiten es man nun zu tun hatte:
Wie sich herausstellte, gab es über einen längeren Zeitraum ein Leck in einer unterirdischen Regenwasserleitung, die nur knapp unterhalb der Straße verlief. Durch das Leck wurde der Untergrund nach und nach weggespült, so dass die Straße dann irgendwann beim Durchfahren des LKWs nachgab und selbiger in die Tiefe gerissen wurde. Doch damit nicht genug: Durch den Einsturz, möglicherweise auch durch den herabstürzenden LKW selbst, wurde eine fast 5 m dicke und in 10 m Tiefe verlaufende Abwasserleitung beschädigt, und genau das erschwert die Bergungsarbeiten, denn diese Leitung kann man nicht einfach mal so abschalten.
Das Loch ist mittlerweile 15 m tief und 40 m breit. Notgedrungen hat man nun zwei Rampen errichtet, um so mit schwerem Gerät bis zum Boden vordringen zu können. Am 6. Februar hat man so auch endlich mittels Unterwasserdrohnen die Führerkabine gefunden – nicht aber den Fahrer.
Das Unglück veranschaulicht die speziellen Herausforderungen an den Tiefbau in Japan: In der Hauptstadtregion leben fast 40 Millionen Menschen relativ dichtgedrängt. Japaner verbrauchen dabei im Schnitt rund 620 Kubikmeter Wasser pro Jahr und Person – in Deutschland sind es knapp 2501. Das liegt unter anderem daran, dass die meisten Japaner nicht nur täglich duschen, sondern danach auch noch ein Bad nehmen – und Handtücher und dergleichen täglich waschen. Man kann Japanern diesbezüglich aber keinen großen Vorwurf machen, denn Wasser gibt es – meistens jedenfalls – genug vor Ort: In Tokyo fallen im Schnitt 1’500 mm Wasser pro Jahr und Quadratmeter – die dreifache Menge dessen, was zum Beispiel in und um Berlin vom Himmel fällt.
Wasser wird damit, vor allem in den Ballungsräumen, zu einer riesigen technischen Herausforderung, denn das ganze Wasser muss natürlich heran- und abtransportiert werden – und das muss zum Beispiel auch während eines Taifuns passieren, bei dem schnell mal 500 mm an einem Tag zusammenkommen können.
Das Erdloch von Yashio zeigt allerdings allzu deutlich, dass auch Japan mit einer maroden Infrastruktur zu kämpfen hat. Die Kreuzung, an der sich das Unglück ereignete, liegt nur rund 10 Kilometer vom Tokyo Sky Tree entfernt – etwas Ähnliches kann sich also schnell und nahezu überall wiederholen.
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