Die Schlagzeile des Tages lautet: “Zustimmungswerte der Regierung Abe auf 2-Jahres-Tief”. In einer wie immer garantiert extrem repräsentativen Umfrage (seitens Fuji TV Network FNN) sanken die Umfragewerte innerhalb der letzten Tage um mehr als sieben Prozent auf nur 36,4%. Der gleichen Umfrage zufolge sind nun mehr als 50% der Bevölkerung unzufrieden mit der Arbeit des Ministerpräsidenten und seines illustren Kabinetts. Die Hauptgründe für das schlechte Abschneiden ist massive Kritik am Umgang mit der Corona-Krise sowie die zahlreichen Skandale, die selbst in diesen Zeiten immer noch viele Schlagzeilen machen.
Die Kritik steht in starkem Kontrast zum Grundtenor, den man im Ausland hört – nämlich das Japan die Corona-Krise soweit sehr gut gemeistert hat. Allerdings sprechen Kenner der japanischen Politik und Gesellschaft deutlich aus, was viele denken: Die beeindruckend niedrigen Zahlen sind wohl weniger den Maßnahmen der Regierung zu verdanken sondern eher der Disziplin der Bevölkerung, gepaart mit kulturellen Besonderheiten. Davon mal abgesehen wird immer deutlicher, dass in Ostasien irgendetwas anders zu laufen scheint: Der Anteil der Corona-Infizierten an der Gesamtbevölkerung ist nämlich nicht nur in Japan, sondern auch in Südkorea, China und anderen Ländern der Region auffallend geringer als in Europa oder Amerika.
Die Kritik an der Geschwindigkeit der Maßnahmen ist berechtigt. Die “Volksmasken” sind immer noch nicht überall angekommen und eine schlichte Verschwendung von Steuergeldern. Die finanzielle Hilfe für alle in Japan Registrierten ist zwar angerollt, aber auch das läuft nur schleppend. Obwohl anfangs davon die Rede war, dass die Auszahlungen wohl schon Anfang Mai beginnen sollen, hat die Stadt Kawasaki zum Beispiel noch nicht einmal die Anmeldeformulare verschickt. Man kann den Antrag zwar bereits online stellen, aber die Mehrheit hat dafür nicht das erforderliche Equipment, nämlich die personenbezogene “MyNumber”-Karte, ein Kartenlesegerät und natürlich einen Computer. Gerüchten zufolge dauert es zumindest in Kawasaki vom Antragstellen online bis zur Auszahlung circa sechs Wochen – Juli also.
Ein Teil der Unzufriedenheit basiert auch auf der Unsicherheit, die viele verspüren. Lagen die Zahlen der Neuinfizierten selbst in Tokyo tagelang bei weniger als 10 Personen, so sind die Zahlen wieder auf zweistellige Werte gestiegen. In Kitakyushu gab es fast zwei Wochen lang keinen einzigen neuen Fall, doch plötzlich tauchten dort dutzende Infizierte pro Tag auf – man befürchtet also, sicherlich zu recht, am Beginn der befürchteten zweiten Welle zu stehen. Und dennoch hält man am Fahrplan fest: Die Stufe 2 der Lockerungen in Tokyo beginnt heute, und die Schulen haben seit heute wieder geöffnet – wenn auch mit starken Einschränkungen, zumindest vorerst (in Kawasaki zum Beispiel gibt es nur eine Stunde Unterricht am Tag, in Chiba drei Stunden an zwei Tagen, wobei jeder zweite Tag schulfrei ist). Der Frust ist da besonders bei den Eltern gross, denn viele Schulen haben sich nun darauf verlegt, riesige Mengen an Hausaufgaben auszuteilen – und zwar nicht gelernten Stoffes, sondern oft neuen Unterrichtsstoffes. Sprich, man überlässt die Bildung einfach den Eltern, ob diese die Zeit dafür haben oder nicht. Und da stecken viele Eltern im Dilemma. Viele halten es für verfrüht, die Kinder in die Schule zu schicken – andererseits ist es nicht im Sinne des Erfinders, die Bildung einfach komplett den Eltern zu überlassen.
Immerhin gab es heute Neuigkeiten zum Thema Einreise: Man will wohl nun überprüfen, die Reisebeschränkungen für vier Länder aufzuheben – Ländern, in denen die COVID-19-Lage unter Kontrolle zu sein scheint: Vietnam, Thailand, Australien und Neuseeland. Zu diesen vier Ländern unterhält Japan wichtige Wirtschaftsbeziehungen, und so lange diese vier Länder genauso denken, dürfte diese Entscheidung im Interesse aller sein.
Es gibt keine Therapie, es gibt keinen Impfstoff und über die Spätfolgen ist nichts bekannt. Wen es einen erwischt und ein schwerer Verlauf ansteht, dann spielt man russisch Roulette mit dem Sensenmann. Dennoch ist bei vielen Menschen so (nicht nur Politiker) dass das Virus und seine Gefährlichkeit noch nicht angekommen ist und man tut so als ob es sich um eine laufende Nase mit Husten handelt.
Für all diejenigen die den Mund zu gerne Voll nehmen, besucht doch bitte mal eine Intensivstation mit Coronainfizierten in den EU-Ländern die es schlimmer erwischt hat als Deutschland. Videos über die Zustände in Brasilien gibt es bei YouTube, Facebook und Co. Berichte von BBC über die Zustände in kaputt gesparten Krankenhäusern in GB kann man sich auch gerne zu genüge führen.
Schlimm finde ich, dass wir unsere Kinder in Schule und Kitas schicken. Egal aus welchen egoistischen Gründen auch immer unser wertvollstes Gut der Wirtschaft opfern.
Ich finde dieses Gefeilsche ebenfalls schlimm. Wenn schon der Satz mit “Ja, aber …” beginnt, schwillt mir der Kamm. Nein, nichts aber, hier geht es um Menschenleben.
Was muss ich da gestern im Tagesspiegel sehen. Direkt an meinem alten Wohnort in Berlin wird vor dem Urban Krankenhaus eine dicke Rave Party abgehalten. Und dann wundern sich die Leute, dass es außerhalb Asiens mehr Tote zu beklagen gibt?
Einige Nord- und Ostseebäder waren überlaufen. Abstandhalten gleich null. Masken kannte man auch nicht. Zu Shoppen wird in die Beneluxstaaten gefahren. Gleiches Bild in den Städten. Und dann will der Thüringer Ministerpräsident die Regeln am 6. Juni aus setzen und will das schwedische Vorbild einführen. Was heißt, auf die Vernunft der Menschen setzen. Weltfremder geht es nicht mehr.