BlogVergessen und dennoch da: Erhöhte Radioaktivität bei Tokyo

Vergessen und dennoch da: Erhöhte Radioaktivität bei Tokyo

-

Man hat in den letzten zwei, drei Jahren eigentlich kaum noch etwas darüber gehört oder gelesen, aber das bedeutet natürlich nicht, dass das Problem damit alleine verschwindet: Erhöhte Strahlenwerte, und zwar nicht nur in der unmittelbaren Umgebung des Reaktors in Fukushima, sondern auch in und um Tokyo. Nach dem Nuklearunfall gab es ja auch in Tokyo sehr unterschiedlich verteilte Strahlenwerte, wobei vor allem sogenannte “Hotspots” in der Nachbarpräfektur Chiba auffielen, allen voran in den Städten Abiko, Kashiwa, aber auch in Urayasu.
Heute wurde bekanntgegeben, dass man an insgesamt 5 staatlichen Oberschulen im Stadtbereich von Kashiwa Strahlenwerte gemessen hat, die das gesetzlich erlaubte Limit von 0,23 Mikrosievert pro Stunde übersteigen. Und zwar teilweise deutlich – der höchste Wert lag bei über 0,7 μSv/h¹. Zwar wurde betont, dass die erhöhten Werte an Stellen gemessen wurden, wo normalerweise keiner hingeht (Abflußrinnen und dergleichen), aber gerade bei Schulen gibt es bekanntermaßen nur wenige Stellen, wo wirklich keiner hingeht.
Die Nachrichten kann man von einer positiven und einer negativen Seite sehen. Die negative Seite dürfte klar sein: Das Problem erhöhter Radioaktivität bleibt, allen Beteuerungen seitens der Politiker zum Trotz, bestehen. Und das wird noch sehr lange der Fall sein. Die positive Nachricht ist jedoch, dass das Monitoring zu funktionieren scheint – und das auf staatlicher und privater Seite. Die oben genannten Erkenntnisse stammen aus Messungen von staatlicher Seite. Aber in Kashiwa zum Beispiel gibt es auch Bürgermessungen, bei denen Freiwillige mit Geigerzählern vorgeschriebene Bereiche abgehen und dort – in einem Meter Höhe – mobile Messungen vornehmen. Diese werden dann auf einer Webseite veröffentlicht².
Dabei ist es interessant, zu sehen, wie sich die Lage verändert. Auf den folgenden Karten werden die Messergebnisse bei Begehungen der Bahnhofsgegend von Kashiwa dargestellt. Grüne Punkte bedeuten Werte von 0,1μSv/h und darunter; blau bedeutet 0,1 μSv/h bis 0,23 μSv/h (Quelle: Siehe ²):

Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2013

Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2014
Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 204

Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2015
Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2015

Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2016
Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2016

Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2017
Radioaktivität rund um den Bahnhof Kashiwa im Mai 2017

Der Trend ist deutlich erkennbar — aber man darf nicht vergessen, dass hier in einem Meter Höhe, entlang gut befahrener (und gereinigter) Straßen gemessen wird. In direkter Bodenhöhe oder an Orten, wo sich Abwasser sammelt, sieht die Lage wieder ganz anders aus.
¹ Siehe Nachrichten von gestern und heute hier (Japanisch) und hier (Englisch).
² Siehe zum Beispiel hier.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. 0,7 μSv/h?
    Das ist natürlich Faktor 2-5 mehr als in D oder JP “in den meisten Gebieten”, aber immer noch (fast) gleich mit manch Bayerischer Wald Gegend in D oder eher ziemlich wenig mit sehr viel anderen Orten auf der Welt.
    Ich persönlich sehe eher das Wieder-Anschalten von vielen AKWs in Japan als grosses Zukunfts-Problem. Das wird irgendwann (lass hoffen wir sind zu alt dafür) dann wieder mit der JP Tektonik etwas “auslösen”…die Menschheit lernt nicht aus ihren Fehlern, in JP am allerwenigstens…scheint mir zunmindest.

  2. Hallo,
    naja Radioaktivität verschwindet eben nicht einfach, auch wenn das so mancher gerne hätte, und/oder auch behauptet. Das die Werte weiter entfernt schneller absinken ist ja klar, aber die Kernzohne um den Reaktor wird wohl noch sehr, sehr lange strahlen, aber es geht wie immer um Geld und Wählergunst.
    mf23, das die Menschen aus ihren Fehlern nicht, oder nur sehr selten und langsam lernen, ist leider werder neu, noch überraschend, dabei gäbe es doch grade in JKapan, eben durch die erwähnte Tektonik, und auch das Meer usw. viele Alternative Möglichkeiten Energie zu erzeugen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Uni-Aufnahmeprüfung “Kyōtsū Test”

Am vergangenen Wochenende war es also soweit: Nach einem guten Jahr Vorbereitung – in Form von im Schnitt 12...

Kyoto erhöht Kurtaxe auf bis zu 60 Euro pro Nacht

Am 15. Januar erschienen gleich zwei interessante Zahlen zum Thema ausländischer Besucher in Japan. Zum einen veröffentlichte die japanische...

Izu-Oshima – eine Mustervulkaninsel direkt vor der Bucht von Tokyo

Die Insel Oshima liegt nur 120 Kilometer entfernt vom Zentrum von Tokyo, ist aber so ländlich wie nur möglich. Ein echter Geheimtipp.

Universitätsaufnahmeprüfungen

Am Anfang jeden Jahres herrscht in vielen japanischen Familien mit 17 bis 18-jährigen Kindern Ausnahmezustand: Knapp 60% der Sprößlinge...

Wie viele Deutsche gibt es eigentlich in Japan?

Jüngst geisterte ein Artikel über die Ein- und Auswanderung von Deutschen nach Japan durch die DinJ (Deutsche in Japan)-Mailingliste....

Neujahr: Normaler Modus und Trauermodus

Ein Gesundes Neues Jahr darf ich der japanischen Tradition folgend eigentlich gar nicht wünschen, denn meine Familie befindet sich...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you