Vor einer ganzen Weile – in diesem illustren Beitrag – hatte ich es versprochen: Zu erklären, wie Japaner neumodische Worte wie zum Beispiel “Handy” ausdrücken. Da ja, von ganz wenigen Ausnahmen mal abgesehen, seit Jahrtausenden keine neuen Schriftzeichen “erfunden” wurden, dürfte es ja doch relativ spannend sein, zu sehen, wie neumodische Begriffe ausgedrückt werden.
Aber – haha – Japaner benutzen ja nicht nur Schriftzeichen, sondern auch Silbenalphabete, mit denen sie englische Begriffe in ihre Sprache einführen können. Interessant ist allerdings zu sehen, wann man auf Anglizismen zurückgreift und wann nicht. Und – was die Chinesen eigentlich machen, denn die benutzen ja ausschliesslich Schriftzeichen.
Gleich zum Kern des Versprechens: Das Handy. Auf Japanisch:
携帯電話 – keitai denwa. Das sind viele Striche. Übersetzt man das Wort Zeichen für Zeichen, dann ergibt das “tragen-gürtel-blitz-sprechen”. Das dritte Zeichen ist dabei besonders interessant: “den”. Ursprünglich bedeutete das “Blitz”, “sehr schnell” – wird jedoch seit dem 19. Jahrhundert mangels Alternativen für “Strom”, “elektrisch” benutzt.
Man benutzt in diesem Fall also kein englisches Wort. Aber da der japanische Begriff so lang ist, sagt (und schreibt gelegentlich) man auch oft:
ケータイ (keetai) – mit Katakana geschrieben, wohlgemerkt.
Es gibt allerdings auch Situationen, in denen man das obrige Wort nicht benutzt. IT-Menschen wie meine Wenigkeit reden zum Beispiel bei der Entwicklung von Seiten für Mobiltelephone von
モバイル・コンテンツ (mobairu kontentsu), also “Mobile Contents”.
Was sagen die Chinesen?
移動電話 (yídòng diànhuà) – die ersten Zeichen sind die vereinfachten Zeichen, die in der VR benutzt werden, die in Klammern die ursprünglichen Zeichen, wie sie in Hongkong, Macao und Taiwan benutzt werden). yídòng bedeutet hier wie auch im Japanischen “wechseln-bewegen” + “Telefon”.
Interessanter wird es bei anderen Wörtern. Hier mal drei andere Beispiele (letzte Spalte: Ursprung bzw. wörtliche Übersetzung):
Fernseher Japanisch: テレビ (terebi) Television Chinesisch: 電視 (diànshì) blitz-sehen Computer Japanisch: コンピュータ (konpyūta) computer Chinesisch: 電脳 (diànnaō) blitz-gehirn Server (Computer) Japanisch: サーバ (saaba) server Chinesisch: 服務器 (fúwùqì) Dienst-Gerät
Da stellt sich natürlich immer die Frage, wer wann und wie entscheidet, welches Wort in Zukunft benutzt werden soll. In der Regel geschieht das aber von ganz unten – lexikalische Basisdemokratie könnte man das beinahe nennen.
Anmerkung für die des Chinesisch mächtigen Blogleser: Ich muss hier leider auf die Benutzung von 簡単字 verzichten, da dieser Blog Big5 & Co nicht unterstützt.
Diese japanisierten Anglizismen klingen einfach niedlich. “Mobairu kontentsu”, wie genial :D
Man sagt,
wegen dieser Silbenalphabete und Anglizismen können wir “R” und “L” nicht richtig aussprechen.
Ich kann auch immer noch nicht.
Genau über dieses Thema haben wir damals in der Einführung gesprochen. Aber durch deinen Beitrag hat man auch mal die Einsicht über den chinesischen Sprachraum gewonnen. Danke ^^ “Mobile content” war mir aber auch neu O.o…”Saaba”
Wir sind aber auch nicht besser. Wir sagen “PariS”, da hat die Japanische Sprache das besser hinbekommen ^^
@Dreizylinder
Nun, die Anglizismen sind mit Sicherheit nicht daran schuld – die sind eher daran Schuld, dass viele Japaner arge Probleme mit dem Englischen haben.
Aber das mit den Silbenalphabeten stimmt freilich – da Japanisch nicht in “r” und “l” oder “hu” und “fu” unterscheidet, ist es von Natur aus schon schwer, sich später daran zu gewöhnen. Zumal Japanisch eine ganz andere Tonlage einnimmt.
Ja, das liegt wohl nicht unbedingt an den Anglizismen, sondern weil die Japaner versuchen die westliche Schreibweise auf ihre Silbenaphabete Hiragana und Katakana abzubilden.
So wird dann z.B. auch aus Berlin –> ベルリン (oder in Romaji: berurin)