Seit gestern steht sie also nun, die neue Regierungskoalition. Die Verhandlungen dauerten länger als (von den Beteiligten) gedacht. Nach dem Erdutschsieg der Demokraten am 30. Aug. 2009 haben letztere zwar die absolute Mehrheit (64%) im Unterhaus und die einfache Mehrheit im Oberhaus (45%), doch das reicht leider nicht aus: Für viele Gesetzesvorhaben braucht man im Unterhaus eine 2/3 Mehrheit. Im Notfall geht es zwar auch ohne Mehrheit im Oberhaus, doch mit einer einfachen Mehrheit lässt sich alles schon merklich beschleunigen.
Mit wem gehen die Demokraten nun also ins Bett? Mangels Alternativen gleich mit zwei Parteien: Den Sozialdemokraten (社民党) sowie der Neuen Volkspartei (国民新党, People’s New Party, “PNP”). Und das ist ein explosives Gespann: Die Demokraten sind Mitte Links. Die Sozialdemokraten links. Die PNP ist Mitte Rechts. Die einen sind für Auslandseinsätze, die anderen dagegen. Die einen mögen die Amerikaner, die anderen weniger. Sowohl PNP als auch die Sozialdemokraten halten jeweils nur ein Prozent im Unterhaus und 2% im Oberhaus, doch da die Demokraten beide Parteien benötigen, um sowohl im Unterhaus als auch im Oberhaus ihre Vorhaben zu erreichen, wird es da noch genug Ärger geben.
Um die Situation zusammenzufassen: Vor der Wahl: Liberale drücken Gesetz im Unterhaus durch, das wird vom Oberhaus abgelehnt, geht zurück zum Unterhaus und wird dort durchgesetzt. Der Koalitionspartner Kōmeitō nickte meistens brav.
Nach der Wahl: Demokraten müssen kräftig nach links und nach rechts schielen, bevor sie etwas machen können. Na, ob das was wird… Ganz Japan wartet schon gespannt auf die Einlösung der ganzen schönen Wahlversprechen.
Das Wort des Tages: 連立政権 renritsu seiken – die Koaltionsregierung.
Die Grundlagen der Koalitionsvereinbarung findet man bei der Sankei Shinbun (japanisch).
Naja, es wird doch auch noch andere Parteien in der Opposition geben, die bei bestimmten Gesetzesvorhaben zustimmen? Oder wird da einfach standardmäßig abgelehnt, nur weil der Vorschlag von der Koalition kam?
Ich finde dieses ganze Parteiendenken sowieso verquer. Da darf man Vorschläge von Mitgliedern anderer Parteien nicht gutfinden, weil man sonst gegen die Fraktionsdisziplin in Deutschland verstoßen würde. Tolle Umsetzung vom Grundsatz, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen unterworfen sein sollten…
@ Stefan
Wir hatten das glaube ich in einem der vorherigen Beiträge schon einmal diskutiert: repräsentative Demokratie! Die sogenannten Volksvertreter sollen selbstvertsändlich “nur” ihrem Gewissen und im Sinne der Vertretenen entscheiden/abstimmen. Aber: sein Kreuz darf man nur alle vier oder wahlweise fünf Jahre setzen. Was interessiert denn da einem Volksvertreter der Sinn des Volkes. Und das eigene Gewissen? Sarkastisch könnte man meinen: Haben die überhaupt eins? Gut, ich will nicht alle über einen Kamm scheren, es gibt auch engagierte Abgeordnete, die tatsächlich nur ihrem Gewissen gehorchen und meist nur eine Legislatur mitmachen dürfen ;-)