Es ist nicht das erste Mal, dass eine japanische Regierung nach dem Gießkannenprinzip Geld an das ganze Volk verteilt, damit jenes sich etwas wohlgesonnener verhält. Doch selten hatte ein Kabinett das nötiger als jenes unter Premierminister Kishida. Doch dieses Mal hat man sich etwas Neues einfallen lassen. Gab es im Jahr 2020 noch über 100’000 Yen pro Einwohner, auf das Konto überwiesen, sowie 2021 noch einmal 100’000 Yen pro Kind unter 18 Jahren, so heißt das Zauberwort dieses Mal 定額減税, also die Steuererleichterung mit einem Festbetrag. Dieser Festbetrag beträgt 40’000 Yen pro Person (bei Kindern im Haushalt werden auch diese mit einbezogen) in diesem Jahr. 30’000 Yen werden von der Einkommenssteuer erlassen, die anderen 10’000 Yen von der Einwohnersteuer, einem Teil der Lokalsteuer, erlassen. Beim jetzigen Stand sind das also 233 Euro, und bei einem 4-Personen-Haushalt entsprechend gute 900 Euro. Mit diesem Zuschuss will Kishida der Inflation entgegentreten, denn die Löhne steigen noch nicht so kräftig wie die Preise – was momentan hauptsächlich dem mittlerweile dramatisch schwächelnden Yen geschuldet ist.
Die Idee ist schön und gut, aber damit das Volk auch ja weiß, welche Gunst es hier erwiesen bekommen hat, wurde festgelegt, dass der verminderte Steuerbetrag auf jeder Gehaltsabrechnung, und zwar der für Juni, deutlich kennbar gemacht werden muss. Da es sich hier jedoch um eine einmalige Sache handelt, und da die meisten Firmen und Körperschaften eigene Systeme für die Gehaltsabrechnung benutzen, bedeutet dies — mal wieder — lange Überstunden für Personalabteilungen und Buchhaltungen. Das war schon im letzten Jahr der Fall, als man begann, das neue Invoice-System einzuführen.
Laut einer Umfrage von Yahoo! Japan1 plant ziemlich genau die Hälfte der Befragten, das zusätzliche Geld wirklich auszugeben — nur ein gutes Drittel will es sparen. Viele werden gar nicht umhinkommen, das Geld zu verwenden, denn da die Strom- und Gaspreisubventionen im Mai ausliefen, zogen die Energiepreise weiter an.
Ob die finanzielle Zuwendung dabei hilft, dem Kabinett Kishida bessere Zustimmungswerte zu bescheren — zur Zeit sind gerade mal rund 20% mit der Arbeit der Regierung zufrieden — bleibt abzuwarten, doch es ist eher unwahrscheinlich. Das einzige, was Kishida wirklich retten könnte, wäre wohl nur ein sich erholender Yen, der dann auch die Preise permanent sinken lassen würde, doch das ist zur Zeit noch nicht in Sicht.
Die 10.000 Yen bei der Einwohnersteuer scheinen ad hoc in diesem Jahr verrechnet worden zu sein. Die Rechnung kam letzte Woche, und normalerweise erhaelt man vier Einzahlungsscheine – drei gleich grosse und einen fuer den Restbetrag. Dieses Mal war der erste Zahlschein blanko, nur die Felder fuer den Betrag war mit Sternchen gefuellt…
Fuer die 30.000 Yen werde ich wahrscheinlich bis nach der Steuererklaerung fuer das laufende Jahr warten muessen. Die Rueckerstattung fuer das vergangene Jahr hat diesmal doppelt so lange wie ueblich gedauert…
Der Yen wird sich erholen. Abgesehen davon, dass der Yen in den vergangenen 40~50 Jahren gegenueber z.B. Euro bzw DM Hoehen und Tiefen hatte (1:100 fuer die DM, und auch mal unter 90 Yen fuer den Euro), halte ich sowohl den Dollar als auch den Euro fuer gefaehrlich ueberbewertet! Ueber kurz oder lang werden den Amis ihre Schulden um die Ohren fliegen, und die Schwaeche gerade der deutschen Wirtschaft im Euro-Raum wird auch Verwerfungen ausloesen…