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Orte, die ich bisher noch nie besucht hatte: Teil 24'387

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Zum ersten Mal in meinem Leben war ich also dieses Wochenende beim Frauenarzt. Wird ja auch Zeit, denkt jetzt vielleicht der Eine oder die Andere. Da ich aber nun mal ein Mann bin, zählte selbiger bisher nicht zu den Orten, die ich unbedingt besuchen muss. Ich habe schlichtweg nur meine Frau begleitet, denn jetzt in der 19. Woche war wieder Ultraschall angesagt. Normalerweise dauert die Visite beim Doktor selbst 3 Minuten (und kostet – wenn mit Blut- und anderen Untersuchungen – schon mal 10,000 Yen, also 70 Euro, Eigenbeitrag).
Dieses Mal sollte es etwas länger dauern. Der graumelierte Arzt, 55 Jahre alt, freute sich zu hören dass ich Deutscher bin. Hintergrund: Die Grundlagen der Medizin hatte man im 19. Jahrhundert zumeist aus Preussen importiert. Deshalb war es für alle Ärzte – bis vor ein paar Jahren – Pflicht, Deutsch zu lernen. Ältere Ärzte in Japan schreiben den Befund auf eine “karte” und würzen ihre Diagnose mit Wörtern wie “Gesicht”, “Finger”, “Magengrube” usw. Auf Deutsch, wohlgemerkt.
Kein Wunder also, dass er uns freudigst jedes Detail während des Ultraschalls mitteilte: soshite, kore wa MAGENGRUBE desu ne (das hier also ist die Magengrube). Schliesslich zeigte er noch Mal auf die Aufnahme vom Kind im Monitor und sagte freudestrahlend auf Deutsch: “Nichts Besonderes!” Das wäre normalerweise ein Grund, den Arzt zu wechseln, aber ich wusste ja, was er meint. Also sagte ich ihm, “Ohne Befund” klinge besser.
Die Visite dauerte nun mehr als drei Mal so lang. Aber es war die Sache wert. Faszinierend, wie sich das Leben entwickelt. Mit deutlich sichtbaren Fingern an den Händen und offensichtlich putzmunter. Scheint nach mir zu kommen, da es vor allem nachts sehr aktiv wird.
Wort des Tages: 婦人科医 (fujinkai). Frauenarzt. Aber auf Neuhochjapanisch sieht man auch häufig die “Lady’s clinic”.

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tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Hey, dann schon mal herzlichen Gl?ckwunsch zum werdenden Familiengl?ck :)

    Hm, wenn ich dann mal in Japan zum Arzt m?sste, k?nnte ich dem dann auch meine Wehwehchen auf Deutsch nennen?

    ?brigens toller Blog, und auch die Japan-Info-Seite war recht hilfreich bei der Planung unserer kommenden Japanreise.

    Sch?nen Gru?
    Nimo?

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