Strahlend blauer Himmel, 15 Grad. Es ist Dezember in Tokyo. Und dementsprechend mal wieder perfekt für einen ausgedehnten Radausflug (nun ja, 50 km sind nicht übermässig ausgedehnt). Heute ging es zum nordwestlichsten Rand von Tokyo, dem Stadtteil Katsushika-ku. Nichts aufregendes, aber die Gegend um den Bahnhof von Shibamata bietet noch ein bisschen “Shitamachi” (=Unterstadt)-Atmoshpäre, wo es laut und herzhaft hergeht. Konnte ich auch heute live erleben – eine greise Frau warf ein Taschentuch einfach in eine Ecke an der Strasse. Ein ca. 50 Jahre alter, kräftig ausschauender Mann begann umgehend, die alte Dame zur Schnecke zu machen. Die zog dann ihren Keirō-Trumpf: Keirō bedeutet “Respekt vor dem Alter” und ist im konfuzianistisch geprägten Japan nachwievor sehr bedeutend. Also begann sie zu zetern “So behandelt man doch alte Leute nicht” usw. Das war ihm offensichtlich reichlich egal – “Um so schlimmer – wenn Du so alt bist, solltest Du doch dann wissen, dass man Müll nicht einfach auf die Strasse wirft” usw. usf. Szenen aus der Shitamachi.
Katzen vor einem winzigen Jizō-Schrein in Shibamata
Das Wort des Tages: 下町 shitamachi. “Shita” bedeutet “unten, unter”. “Machi” ist die Stadt bzw. auch der Stadtteil. Kurzform von 城下町 (Jōkamachi) – die Burgunterstadt. Quasi dort, wo der Pöbel haust, hätte man im alten Rom gesagt. Shitamachi findet man mal hier, mal dort, noch resteweise. Sie sind sehr eng, oft ein bisschen schmutzig und zeichnen sich durch ein dichtes gesellschaftliches Netz aus – jeder kennt Jeden. Man bekommt ein bisschen Ahnung von einem solchen Viertel, wenn man sich den Film Always- Sanchōme no Yuhi ansieht.