Es ist keine drei Monate her, dass die Datenbank der amerikanischen Seitensprungagentur AshleyMadison von Hackern geknackt und Millionen von Datensätzen seitensprungbereiter Männer und Frauen an die Öffentlichkeit gelangten. Das pikante daran waren die Motive der Hacker: Sie wollten AshleyMadison eins auswischen, denn bei vielen Profilen von Benutzerinnen handelte es sich wohl um bezahlte Mitarbeiter der Firma, die den registrierten Männern es vorgaukeln sollten.
Das kann man in Japan besser: Bereits im Juni diesen Jahres flog e-フレンズ (e-friends) auf¹: Ein Online-Partnervermittlungsservice, betrieben von einem 42-jährigen. Dort waren nach Schätzungen 2,7 Millionen Japaner registriert. Und zwar, grob geschätzt, 2,699,999 Männer – und – das ist nicht geschätzt – 1 (in Worten: eine) Frau. Das nennt man Konkurrenz! Das Geschäftsmodell war von Anfang an auf Betrug ausgelegt. Für die Benutzer war erst alles kostenlos. Die Benutzer sammelten Punkte und wurden schliesslich zu Premiummitgliedern. Und dann zu Platinmitgliedern. Spätestens dann wurden sie jedoch aufgefordert, hunderte Euro Gebühr zu bezahlen – und wenn sie dies nicht taten, wurde ihnen eine Strafe von 3 Millionen Yen (rund 24,000 Euro) angedroht. Die Seite wurde seit 2010 betrieben – und der Schaden lag bei geschätzten 50 Millionen Euro.
Wie konnte diese Betrugsmaschine so lange funktionieren? Ganz einfach: Sobald sich jemand beschwerte, gab der Betreiber sofort das Geld zurück. Doch die meisten beschwerten sich eben nicht. Und dass es keine echten Frauen gab, kann man als einzelner Benutzer nur schwer einschätzen. Letztendlich kam ans Licht, dass rund 30 Mitarbeiter auf Erfolgsbasis fleissig Emails schrieben – dafür bekamen sie 2 Yen pro Email. Immerhin gab es unter diesen Mitarbeitern ein paar Frauen. Die waren allerdings weniger Geschick: Eine ehemalige Angestellte klagte wohl, “… dass die Männer besser wussten, was die Männer hören wollen”. Nun ja.
Wären die Benutzer etwas vorsichtiger gewesen, hätte es nicht so weit kommen müssen. Der Verbraucherschutz des Ministerium des Inneren warnte schon 2012 in einem Communiqué² vor der Betreiberfirma K.K. Sol (株式会社ソル). Grund: Verstoss gegen das Emailgesetz. Und zwar bei zwei anderen Partnervermittlungsseiten, den Vorgängern der e-Friends-Seite. Auch die Höhe des Stammkapitals der Firma – öffentlich einsehbar – ist nicht vertrauenerweckend: 1 Yen.
Die Seite http://jukux2.jp ist natürlich mittlerweile vom Netz. Aber das Ausmass dieses Betruges ist schon beachtlich, wenn auch keine Seltenheit: Einsamkeit ist in Japan ein ganz, ganz grosses Geschäft. Auch für Betrüger.
¹ Siehe unter anderem hier
² Siehe hier.
Man man, dieser Tage wird man ja überall betrogen. In D bescheisst VW 11 Millionen kunden, in J ne Partnervermittlung.
Man kann echt keinem mehr trauen!
Warte… nachher wohnst du gar nicht in Japan, sondern sitzt hier in D und denkst dir all deine Posts nur aus…
Aber auch wenn das so wäre, mach bitte weiter, ich mag deinen Blog!
EhPaMi
Och Betrug mit Partnervermittlung gibt es auch in Deutschland aktuell im großen Stil.
Die im Heise-Verlag erscheinende c’t hat eine Artikelserie dazu, da Ihnen einige interne Maildatenbanken “geleakt” worden sind. Daran kann man relativ gut sehen wie so etwas über Jahre und Dank Computertechnik fast ohne Menschen funktioniert.
http://www.heise.de/ct/ausgabe/2015-21-Dating-Plattform-Lovoo-im-Fake-Verdacht-2819596.html
http://www.heise.de/ct/ausgabe/2015-22-Interne-Mails-bekraeftigen-Abzock-Verdacht-gegen-Dating-Plattform-Lovoo-2828167.html
http://www.heise.de/ct/artikel/Interne-Mails-bekraeftigen-Abzock-Verdacht-gegen-Dating-Plattform-Lovoo-2825450.html