Lange wurde der Schritt erwartet, und nun ist er endlich vollzogen worden: Japan beendet als letztes Land auf der Erde eine fast zwei Jahrzehnte andauernde, aggressive Geldpolitik mit negativem Leitzins. Der negative Leitzins, seit 17 Jahren unverändert bei -0,1% in Japan, bedeutete, dass Banken für das Einlagern von Kapital bei der BoJ (Bank of Japan) Geld bezahlen mussten anstatt Zinsen zu erhalten. Damit sollten die Banken motiviert werden, das Geld nicht zu horten, sondern anzulegen – in Form von Darlehen an Firmen und Personen zum Beispiel, oder im Kapitalmarkt. Für den Durchschnittsbürger bedeutete dies dementsprechend aber auch, dass es für das Geld auf dem Konto keine beziehungsweise so gut wie keine Zinsen gab – zuletzt lag der Zinssatz für Guthaben bei den drei großen japanischen Banken, MUFJ, SMBC & Mizuho, bei sage und schreibe 0,0001%. Das erklärt unter anderem auch die weite Verbreitung (und große staatliche Unterstützung) von aktienmarktgestützten Geldeinlagen, denn die waren bisher quasi die einzige Option, Geld arbeiten zu lassen.
Am Dienstag gab nun die BoJ bekannt, den Leitzins auf eine Spanne zwischen 0 und 0.1% zu erhöhen – ein für viele Ökonomen längst fälliger Schritt.
Leitzinsentwicklung seit 1999 in der EU (EZB), USA (FED) und Japan (BOJ)
Quelle:Tradingeconomics.com
Die Bank of Japan beharrte so lange auf einen extrem niedrigen Leitzins, um die Wirtschaft zu stimulieren und um gegen die lange anhaltende Deflation zu kämpfen. Doch in den vergangenen zwei Jahren sind, wie anderswo auch, die Preise stark gestiegen, und seit diesem Jahr zeichnet sich ab, dass auch die Gehälter, nach Jahrzehnten der Stagnation, steigen, weshalb man nun zu einem positiven Zinssatz zurückkehren möchte.
Der Vergleich zur Leitzinsentwicklung in den USA und im Euro-Raum zeigt jedoch, wie ungewöhnlich der Leitzins in Japan ist. Während andere Länder nur im Krisenfall und dann auch nur begrenzt den Leitzins auf 0 oder gar unter 0 setzen, war dies in Japan lange Zeit Normalität.
Allerdings muss man angesichts der Entscheidung der BoJ auch die Kirche im Dorf lassen — der reale Anstieg des Spielraumes ist minimal – von -0.1% auf 0 bis 0.1%. Das ist nicht viel. Aber immerhin haben die drei größten Banken Japans bereits angekündigt, die Zinsen auf Spareinlagen auf 0.02% erhöhen zu wollen.
Hauseigentümer werfen natürlich zum Teil einen besorgten Blick auf die Entwicklung. Da der Leitzins jahrzehntelang stabil war, haben sich nicht wenige Häuslebauer für einen variablen Zinssatz entschieden. Die durchschnittliche Finanzierungsdauer bei Wohneigentum liegt in Japan jedoch bei 35 Jahren, und in dieser Zeit kann viel passieren.
Interessant wird es sein, zuzusehen, wie sich die Entscheidung auf den Japanischen Yen auswirken wird, denn der ist ja seit dem vergangenen Jahr sehr billig — was zu größeren Teuerungsraten bei importierten Produkten (=quasi fast alles) führte. Experten erwarten nun, dass sich der Japanische Yen gegenüber anderen Leitwährungen erholt, sprich teurer wird.
Der Yen steht gegen den Teuro (bzw die DM) so schlecht wie seit mehr als 40 Jahren nicht mehr. Als ich 1980 das erste Mal meine Kaesemauken auf japanischen Boden gesetzt habe, war die DM rund 100 Yen wert, also knapp 200 Yen fuer den Euro. Mal sehen, ob sich die Zinserhoehung irgendwie auswirkt…
Damals kostete ein dreiminuetiges, handvermitteltes Telefongespraech nach Hause uebrigens mehr als 1.000 Yen… Ein Brief nach Deutschland (sowohl West als auch Ost) kostete 140 Yen – das kostet er heute auch wieder… ;-)
Nach der Entscheidung ist der Yen trotzdem erstmal weiter abgesackt.
Werde am Wochenende Euros aufs japanische Konto schieben. Wenn’s tatsächlich teurer werden sollte, ist es eine sehr gute Gelegenheit.
Wobei schon seit 3 Jahren denke ich jedes Mal, dass der Kurs ja vorteilhaft und es kaum viel besser werden wird…