Seit ziemlich genau 50 Jahren gibt es in Japan ein etwas dröges, aber dennoch sehr beliebtes Tischspiel – dieses besteht aus einem kleinen Fass mit lauter Schlitzen an der Seite und einer Piratenfigur, die von oben halb im Fass versenkt wirkt. Die Spieler stecken der Reihe nach kleine Plastikschwerter in die Schlitze – bis irgendwann ein Springmechanismus aktiviert, und der Pirat somit aus dem Fass geschleudert wird. Das vom Spielwarengiganten Tomy produzierte Spiel ist nicht nur bei Kindern beliebt – es gibt durchaus auch Erwachsene (meistens Studenten), die das gern auch mal als Trinkspiel benutzen. In Japan heisst dieses Spiel 黒ひげ危機一発 – “Schwarzbart (gemeint ist der berüchtigte Pirat Blackbeard) in Gefahr”. Außerhalb Japans kennt man das Spiel unter dem Namen “Pop-up Pirate” – so ist es auch unter anderem in Deutschland erhältlich (hier zum Beispiel – Achtung, Affiliatelink :).
Die Spielregeln sind ja nun denkbar einfach. Möchte man meinen. Ursprünglich hieß es dabei: “Der Spieler, der den Piraten aus dem Fass befreit, hat gewonnen”. Doch irgendwann benutzte eine japanische Fernsehshow das Spiel, und dort wurde der herausspringende Pirat ganz anders bewertet – wer den Mechanismus aktivierte, hatte nämlich verloren. Und Tomy zog nach: Man änderte die Spielregeln. Und so steht heute auch in den deutschen Spielregeln (zumindest bei der Beschreibung auf Amazon):
Doch bei TOMY heisst es nun, zurück zum Ursprung: Die Regeln wurden wieder geändert, und zwar zur ursprünglichen Fassung. Interessanterweise spielen jüngere Japaner das Spiel ohnehin schon eher nach dieser Regel. Dies griff gestern eine japanische Nachrichtensendung (Mr. Sunday) auf, und zusammen mit der psychologischen Fakultät einer japanischen Universität machte man ein Experiment: Man setzte eine 16-jährige, einen Mittzwanziger, einen Mittdreißiger, eine Mitte 40-jährige und einen Mittfünfziger an einen Tisch und liess sie besagtes Spiel spielen. Alle Probanden waren verkabelt, damit man während des Spiels die Gehirnaktivitäten messen konnte – genauer genommen mass man den Stresslevel, Aufregung und Interesse. Zuerst liess man die Gruppe nach der bisher gültigen Regel spielen (also nach der Regel, bei der es keine Gewinner, sondern nur einen Verlierer gibt). Das Ergebnis war eindeutig: Für die jüngeren Teilnehmer war das Spiel einfach nur stressig, während die älteren Mitspieler richtig Spaß daran hatten. Danach spielte man nach der ursprünglichen und nun wieder gültigen Regel – und siehe da, nun lief es genau andersrum.
Dass Gen Z anders tickt als frühere Generationen, ist nichts Neues. Aber die Erkenntnis aus diesem kleinen Experiment fand ich dann schon ziemlich interessant – und als Gen X-Vertreter kann ich nur bestätigen, dass ich mich bei diesem Spiel auch sehr langweilen würde, wenn das Ergebnis ein Gewinner ist. Allein der Gegensatz zum Originalnamen des Spiels (“Gefahr um Haaresbreite”) würde mich ganz wuschig machen.
