Sumida setzt sich aus den Schriftzeichen für Tusche (sumi) und Reisfeld (ta) zusammen – das hat allerdings in diesem Fall keine Bedeutung. Der Name ist eine Zusammensetzung zweier Ortsnamen (墨堤 bokutei und 隅田川 Sumida-gawa) und so eigentlich erst seit 1947 in Gebrauch.
Sumida-ku liegt im Osten der Stadt Tokyo zwischen dem 荒川 Arakawa-Fluss und dem 隅田川 Sumida-gawa. Am bekanntesten ist der Bezirk nunmehr aufgrund des Tokyo Sky Tree (siehe unten) sowie wegen des 江戸東京博物館 Edo-Tokyo-Museums. Die bekanntesten Bahnhöfe in diesem Bezirk sind 両国 Ryōgoku, 錦糸町 Kinshichō und 押上 Oshiage.
Allgemeines
Sumida-ku gehört, wie es das -ku schon andeutet, zu den 23 zentralen Sonderbezirken der Stadt Tokyo. Mit rund 260’000 Einwohnern liegt es nur auf dem 16. der 23 Bezirke – mit knapp 14 Quadratkilometer allerdings auf dem 17. Platz. Das bedeutet, das hier rund 19’000 Einwohner pro Quadratkilometer leben..
Der Süden von Sumida-ku ist besonders dicht besiedelt, was unter anderem an der wichtigen Bahnlinie der Sobu-Linie liegt. Diese Gegend wurde durch Krieg, Erdbeben und Hochwasser mehrfach vollkommen zerstört und wurde nach dem Schachbrettmuster wieder aufgebaut. Im Südteil befindet sich auch das Rathaus – und zwar direkt gegenüber von Asakusa. Im Nordteil geht es etwas chaotischer zu – dieser Teil hat starken shitamachi (“Unterstadt”)-Charakter mit verwinkelten Strassen und vielen kleinen, dicht beieinanderstehenden Häuschen, die meist maximal 3 Stockwerke hoch sind. In der Nähe der Bahnhöfe sind die Gebäude natürlich höher.
Bis 2012 gab es nicht allzu viele Gründe, sich in diesen Bezirk zu begeben (mit Ausnahme des Edo-Tokyo-Museums, siehe unten) – ausser am letzten Sonnabend im Juli, denn dann findet alljährlich seit 1978 das 隅田川花火大会 Sumida-gawa Hanabi-Taikai (Sumida-Fluss-Feuerwerk) statt. Dieses gehört zu den Drei Grossen Feuerwerken von Tokyo (die anderen finden am Edogawa und in der Bucht von Tokyo statt). Das Spektakel — eigentlich ein Wettbewerb verschiedener Feuerwerksproduzenten – dauert eine gute Stunde, währenddessen über 20’000, alles manuell hergestellte Feuerwerkskörper in den Himmel geschossen werden. Alljährlich versammeln sich dazu eine knappe Million Besucher entlang des Sumida-Flusses.
Die Tradition dieses Feuerwerks reicht bis ins Jahr 1733 zurück – im Jahr davor gab es in Edo (alter Name von Tokyo) und im Umland schwere Hungersnöte und Choleraepidemien. Den Toten gedachte man im Folgejahr mit Festivals und Zeremonien, und dazu zählten auch Feuerwerke.
東京スカイツリー Tokyo Sky Tree
Seit 2012 ist Sumida-ku sowie ganz Tokyo um eine Attraktion reicher, denn der 東京スカイツリー Tokyo Sky Tree, zu jener Zeit der mit 634 Metern höchste Turm der Welt, wurde fertiggestellt und öffentlich zugänglich gemacht. Der Bau hat zwei Besucherplattformen auf 350 Meter und 451 Meter Höhe.
Tokyo Sky Tree – das ist nicht nur der Turm selbst, sondern auch ein grosser, angeschlossener Gebäudekomplex namens 東京スカイツリータウン Tokyo Sky Tree Town mit insgesamt 230,000m² Gebäudefläche. Dort untergebracht sind ein Einkaufszentrum, ein Planetarium und das すみだ水族館 Sumida-Aquarium (siehe unten). Neben dem Komplex befindet sich auch gleich noch ein anderes, neues Einkaufszentrum, genannt 東京ソラマチ Tokyo Solamachi. Achtung: An Wochenenden und Feiertagen ist hier die Hölle los — einen Besuch des Turms und der Gegend sollte man deshalb unbedingt auf einen Wochentag legen.
Die Umgebung ist eine alte, traditionelle Wohngegend (eine typische 下町 – shitamachi – Unterstadt), und der Turm reisst diese Gegend unsanft aus dem Schlaf. Sicher werden die Grundstückspreise in die Höhe schnellen (bzw. wird das bereits geschehen sein) und langzeitig viele Einwohner verdrängen. Wer sich für so etwas interessiert, sollte sich unbedingt mal in der Nachbarschaft des Turms umschauen: Der Kontrast ist unglaiublich gross.
Hier 10 Fakten zum Tokyo Sky Tree:
- Die Idee zum Turm entstand 2003
- Das Gelände wurde 10 Monate später auserkoren und weitere 5 Monate später beschlossen
- Im März 2008 stand der Bauplan fest, im Juni wurde die UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) abgeschlossen
- Die Bauarbeiten begannen im Dezember 2008
- Der Turm ist unten dreieckig und oben rund
- Die obere Besucherplattform auf 451.2 m Höhe ist die zweithöchste der Welt (noch) – nach dem Weltfinanzzentrum in Shanghai
- Japaner können sich die Höhe gut merken, denn 634 kann man Mu-sa-shi (武蔵) lesen (der alte Name des Gebietes rund um Tokyo)
- Der Eintritt zur unteren Plattform auf 350 m kostet 2,500 Yen (rund 20 Euro)
- Der Eintritt zur oberen Plattform auf 450 m kostet zusätzlich noch mal 1,000 Yen (8 Euro)
- Ein findiger Chinese hat den Namen „Tokyo Sky Tree“ in China urheberrechtlich schützen lassen, was für den Gesellschafter zum Problem wurde: Man musste nachträglich den chinesischen Namen „東京天空樹“ (etwa: Tokyo Himmelsturm) in „東京晴空塔“ (etwa: Tokyo klarer Himmel-Turm) umändern – das gilt auch für den Bahnhofsnamen
Für Ausländer gibt es übrigens seit 2015 das Fast Sky Tree Ticket. Das kostet mit 2,820 Yen bis zur Plattform in 350 m Höhe zwar 760 Yen mehr als das normale Ticket, aber: „In 20 Minuten von jetzt an sind sie oben!“. Sieh mal einer an. Also zum speziellen Ticketverkauf in der 4. Etage gegangen, und siehe da — keine 10 Leute warteten in der Schlange. Tickets gekauft, und schon wurden wir von einer Hostess zum Fahrstuhl geführt und schon waren wir oben. Geht doch. Interessant ist dabei, dass auch in Japan lebende Ausländer sowie den Ausländer begleitende Japaner das Fast Ticket nutzen dürfen. Das ist ja fast schon eine Geschäftsidee…
Sumida-Aquarium すみだ水族館
Direkt neben dem bzw. unter dem Tokyo Sky Tree befindet sich das zur gleichen Zeit eröffnete Sumida-Aquarium. Das hochmoderne Aquarium ist in mehrere Bereiche untergliedert – in einer Ecke gibt es Pinguine, in anderer Otter, dazu ein Riesenaquarium, in der die Unterwasserwelt der Izu- und Ogasawara-Inselkette gezeigt wird (diese Inseln gehören ja schliesslich zu Tokyo!). Hinzu kommen ständig wechselnde Ausstellungen sowie eine Quallen-Aufzuchtstation, in der man die durchsichtigen Biester in allen möglichen Stadien bewundern kann. Modern ist das Aquarium vor allem in Sachen Beleuchtung, die sehr dezent gehalten ist.
Der Eintritt für Erwachsene beträgt 2’050 Yen. Ein stolzer Preis, selbst für japanische Verhältnisse. Beim Sushiladen kann man dafür nicht nur Fische gucken, sondern auch gleich essen. An der Preistafel steht allerdings auch noch etwas anderes: Die Jahreskarte kostet lediglich 4,100 Yen, und das ist günstig, wenn man längere Zeit in der Gegend wohnt. Allerdings muss erwähnt werden, dass das Aquarium genau wie der Turm und die angeschlossenen Einkaufszentren an Wochenenden und Feiertagen völlig überlaufen ist.
Edo-Tokyo-Museum 江戸東京博物館
Im Südteil des Sumida-Distrikts, direkt neben dem Bahnhof 両国 Ryōgoku (Sōbu-Linie) gelegen und dank äusserst auffälliger Architektur unübersehbar, befindet sich das grandiose Edo-Tokyo-Museum. Das 7-geschossige Bauwerk ist mit 62 Meter genauso gross wie der Donjon (Hauptbau eines japanischen Schlosses) der damaligen Burg von Edo einst hoch war. Der zweite Stock fehlt gänzlich, denn das Gebäude steht auf Stelzen. Eröffnet wurde das Museum 1993, und im Inneren findet man zahlreiche originalgetreue Modelle diverser Stadtviertel und unzählige Exponate aus der älteren und jüngeren, bewegten Geschichte der Stadt, die einst unter dem Namen Edo bekannt war. Da Tokyo 1923 während eines verheerenden Erdbebens sowie 1945 während eines massiven Bombenangriffs der Amerikaner quasi dem Erdboden gleichgemacht wurde, muss man in Tokyo bekanntermassen nach historischen Bauwerken, geschweige denn Strassenzügen, suchen – doch in diesem liebevoll hergerichteten Museum bekommt man eine geballte Ladung. Vor allem an regnerischen Tagen eine absolute Empfehlung (dieses Museum macht dabei auch Kindern Spass). Der Eintritt für Erwachsene kostet 600 Yen.
Das Edo-Tokyo-Museum hat auch eine sehr sehenswerte Außenstelle – das Edo-Tokyo-Architektur-Freilichtmuseum in Koganei im Westen von Tokyo.
Danke für die Erzählung, übrigens einem meiner Internet Bekannt aus Russland wohnt mit seiner japanischen Frau gerade in dieser Gegend