BlogHindernislauf in Südkorea

Hindernislauf in Südkorea

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Manchmal gibt es Reisen, bei denen man denkt, dass alles verflucht ist. Gestern kam ich nachmittags in Seoul an – und es war abgemacht, dass ich am Flughafen unseren koreanischen Geschäftspartner anrufe, um festzumachen, wann wir uns wo und warum treffen. Gesagt, getan. Eine Frauenstimme schimpfte auf mich umgehend am Telefon ein. Ich weiss nicht warum, aber für ungeübte Ohren klingt Koreanisch immer ein bisschen so, als ob man gerade was ausgefressen und nun dafür verbal bestraft wird. Eins war jedoch klar – es war eine Ansage vom Band. Versuchte mir wahrscheinlich beizubringen, dass der Teilnehmer momentan nicht erreichbar ist.
Nun gut. Also erstmal zum Hotel. Eine Stunde später halte ich der Rezeption das Telefon ans Ohr und bitte, zu übersetzen. Siehe da, Teilnehmer nicht erreichbar. Also rufe ich im Büro an. Lapidare Antwort dort: Ist nicht da. Erst als ich den Teilnehmer am anderen Ende der Leitung zur Schnecke mache – schliesslich bin ich gerade extra wegen des Meetings aus Tokyo angeflogen – erklärt er mir, dass die Mutter des Chefs am Vortag verstorben sei und er deshalb momentan nicht in Seoul ist. Oops. Mail gecheckt – siehe da, ein paar Stunden zuvor kamen zwei Emails von ihm und seinem Sekretär mit Lageschilderung. Soviel zum geschäftlichen Teil dieser Reise. Natürlich kann man ihm da keinerlei Vorwürfe machen.
Heute ging es schliesslich dann mit dem Bus nach Sok’cho an der Ostküste. Dort gibt es einen ganz famosen Nationalpark in den Bergen, und letztere riefen mich mit ganz lauter Stimme. Heute regnete es in Strömen, doch das sollte mir relativ egal sein – war die meiste Zeit sowieso im Bus. Dachte ich so. Meine Frau funkte mich derweilen an und sagte “Ach ja, da ist ein Taifun im Anmarsch. Sei vorsichtig”. Schnell im Internet nachgesehen – und schau an! Der Taifun zieht genau zwischen Korea und Japan lang und streift dabei die Gegend hier am Nachmittag. Wenn ein Taifun “vorbeistreift” bedeutet dies in der Regel eins: Aushaltbare Windstärken, aber ungeheure Wassermengen. Klasse. Berge kann ich also getrost vergessen.
Dafür traf ich heute aber zufällig zwei nette Koreaner beim Abendessen, denen ich partout nicht ausreden konnte, mein Essen mitzubezahlen. Zwei Leute waren es – einer sprach gar kein Englisch, der andere ungefähr 100 Wörter. Als ich fragte, ob sie vielleicht Japanisch können (keineswegs abwegig hier) zeigten sie mir auch ohne Worte relativ deutlich, was sie von Japan halten. Als ich mit ihnen anhand einer Reisekarte in meinem (japanischen) Reiseführer etwas erklärte, erblickten sie die japanische Bezeichnung 日本海 Nihonkai, Japanisches Meer, worauf sich die Minen noch mehr verdüsterten. Aber egal – ich bin ja schliesslich Deutscher und kein Japaner. Weia.
Da die Berge wohl morgen ins Wasser fallen (bruhaha… was für ein Brüller), muss ich also nach Alternativen Ausschau halten. Eine wäre eine Fahrt an der Küste entlang bis zur Grenze nach Nordkorea. Dort gibt es ein Museum, eine Aussichtsplattform usw. Als Ostdeutscher ist man ja schliesslich nur den Blick von der anderen Seite der Mauer gewohnt :) Einer der beiden Koreaner möchte unbedingt mit – ich soll ihn deshalb morgens um 10 anrufen. Na, das wird bestimmt ein Gaudi.

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tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

7 Kommentare

  1. Diese Hassliebe zwischen Koreanern und Japanern ist schon etwas unterhaltsam. Japanische Frauen seufzen vorm Fernsehen bei K-Doramas auf, koreanische Jugendliche ziehen sich Anime und Manga rein und die Älteren stören sich schon an der internationalen Bezeichnung “Japanisches Meer”.

    Na, bin gespannt, ob Kan eine Entschuldigung auspackt. Wäre eine nette Geste und so schwer kann es ja nicht sein.

  2. Na da freu ich mich aber auf den Bericht über die “Mauer”. Ansonsten hoffe ich, dass der Taifun wirklich Korea nur streift.

    Was spricht denn ein gemeiner Koreaner so für Fremdsprachen? Man muss ja vorbereitet sein, falls es einen dorthin verschlagen sollte. Und wie habt ihr euch letzendlich verständigt ? A la Hände und Füße?

  3. Jaaahaaahaaaa, das ist mir in Korea auch so gegangen. Als mein Kollege (vermutlich) freundlich nach dem Weg fragte, haette ich nach dem Tonfall jeden Moment damit gerechnet dass die sich gleich gegenseitig sowas von die Fresse polieren… Und ich mitten drin.
    Naja, an einem Abend war es tatsaechlich fast so weit…

  4. Dann hoffe ich mal für Dich das das Wetter noch etwas besser wird, denn als ich vor 3 Monaten dort an der Grenze war konnte ich nicht wirklich weit sehen…
    Tja, der Blick über die Mauer bzw. über den Zaun auf Nordkorea, ist schon ein komisches Gefühl und erinnert wirklich etwas an früher, obwohl es ja in der DDR innerhalb des Zaunes bis auf die Wachtürme der Grenzer keine Aussichtsplattformen für normale Sterbliche gab ;-)

    PS.: Hast Du im Nationalpark geschlafen oder seit Ihr in Sokcho geblieben?

  5. @Hamu-Sumo
    Kan hat sich (erneut) entschuldigt – aber sehr viel helfen wird es trotzdem nicht. Diese Hassliebe wird sich noch lange hinziehen.

    @Terry
    Keine! Mit etwas Glueck etwas Englisch, oder Japanisch. Aber ganz ohne Koreanisch ist es nicht unbedingt sehr einfach. Ja, Haende und Fuesse ansonsten. Wenigstens kann ich die Schrift halbwegs lesen und weiss, wie man ein Bier bestellen muss.

    @Gray
    Sicht war gar nicht mal so schlecht, trotz des Wetters. Beweisphotos kommen spaeter.
    Nein, schlafe nicht im Nationalpark… bin in einem wirklich ausgezeichneten Hostel mitten in Sokcho. Eins der besten Hostels die ich bisher so gesehen habe. Und ich habe viele gesehen.

  6. Was die Entschuldigung angeht, da müßte man sich Kan noch wesentlich weiter aus dem Fenster lehnen, denn seine Worte gleichten nahezu denen von Koizumi damals und der ist in Korea alles andere als beliebt…

    Ja, viel Vergnügen in Korea. Die Prügellauge kommen übrigens daher, dass die Koreaner einfach herzlich sind ;- )

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